Was ist Climate-engineering?

"Climate-engineering" oder "Geoengineering" ist eine bewusste großskalige Beeinflussung des Klimas. Solche Maßnahmen wurden vorgeschlagen, um im Falle unerwarteter Folgen des Klimawandels oder nicht ausreichender Emissionsbegrenzungen evtl Möglichkeiten der Schadensbegrenzung zu haben. Da dieses Eingreifen in natürliche Prozesse ebenfalls Folge hat, sollen die mit Hilfe von computergestützen Erdsystemmodellen abgeschätzt werden. Ist im Folgenden von Experimenten die Rede, so bezieht sich dieses ausschließlich auf Computerexperimente.

Grundsätzlich werden zwei verschiedene Geoengineeringmethoden unterschieden:

Carbon dioxide removal techniques (CDR) versucht das Problem bei der Wurzel zu packen und  Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu entfernen, z.B durch herausfiltern von CO2 aus der Atmosphäre und spätere Einlagerung unter der Erde, Verstärkung der Alkalinität des Ozeans oder Afforstung.

Solares Strahlungsmanagement (SRM) reflektiert solare Strahlung zuriück in den Weltraum. Damit soll der Erwärmung durch zunehmende Treibhausgase entgegen gewirkt werden. In unseren Coputersimulationen habe wir den Einfluss der verschiedenen Techniken auf das Klima untersucht.

  • Verstärkte Reflektion mariner Wolken durch Seesalzemissionen
  • Spiegel im All sollen solare Strahlung reflektieren und die Einstrahlung auf der Erde verringern - technisch extrem anspruchsvoll.
  • Imitation einer Vulkaneruption durch die Emission von Schwefel in der unteren Stratosphäre. Diese Annahme lässt sich mit Flugzeugen nur schwer durchführen, da diese die nötige Flughöhe i.A. nicht erreichen.

 

Wir forschen seit 2009 zum Thema stratosphärische Aerosolintervention (SAI). Ich untersuche, in Klimamodellen, die Auswirkungen einer künstlichen Schwefelaerosolschicht in der Stratosphäre auf das Klima. Zudem interessiert mich die Entwicklung des Schwefelaerosols vom der Emissions als Schwefeldioxid hin zum Aerosol, der Transport der Aerosole und die Auswirkungen auf die Dynamik der Stratosphäre. Weiter Details zu meiner Arbeit unter den folgenden Stichpunkten:

Geoengineering mit Sulfataerosolen hat ein natürliches Analogon: Vulkaneruptionen. Durch die Beobachtung der klimatischen Auswirkungen von Vulkaneruptionen entstand die Idee, eine künstliche Sulfatschicht in der Stratospäre zu erzeugen (Bodyko (1977); Crutzen (2006)). Bei einem starken Vulkanausbruch wird SO2 in die Stratosphäre emittiert und dort durch mikrophysikalische Prozesse zu Sulfataerosolen umgewandelt. Diese absorbieren Sonnenlicht und kühlen die Erdoberfläche durch verminderte Sonneneinstrahlung.

 

Ein Schwerpunkt unserer Forschung lässt sich in der Frage zusammenfassen: "Könnten Injektionen von Schwefel in die Stratosphäre dazu beitragen, dem Klimawandel entgegenzuwirken?” (Niemeier und Tilmes, 2017). SAI-Techniken wurden bisher nicht entwickelt und das Wissen über die Auswirkungen basiert nur auf numerischen Modellstudien. Dazu versuchen wir am Computer den Lebenszyklus von Sulfat zu berechnen. Schwefeldioxid (SO2) wird für SAI in ca 20 km Höhe in die Stratosphäre eingebracht. Aus SO2 entwickeln sich kleine Teilchen, Sulfateaerosole. Diese werden mit Luftströmungen über die ganze Erde verteilt und wachsen mit der Zeit an. Große Sulfatteilchen sinken ab und fallen aus der Stratosphäre heraus. Daher sollten die Teilchen nicht zu sehr anwachsen (< 0.5 mum), zudem haben kleine Teilchen bessere Strahlungseigenschaften. Sulfate streuen von der Sonne einfallendes Licht. Dadurch fällt weniger Sonnenlicht auf den Erdboden und es wird weniger warm, das Ziel von SAI. Kleinere Teilchen können Licht besser streuen und sind deshalb effektiver darin die Erde zu kühlen. Gleichzeitig nehmen Sulfate aber Wärmestrahlung der Erde auf, sie absorbieren. Dadurch erwärmt sich die künstliche Sulfatschicht in der Stratosphäre, was die Strömungsverhältnisse dort verändert. Z.B gibt es in der tropischen Stratosphäre starke Ost- oder Westwinde, die sich etwa alle zwei Jahre abwechseln, die sogenannte quasi zweijährige Oszillation (QBO). Diese Osziallation wird durch die erwärmte Sulfatschicht gestört, hin zu konstanten Westwinden (Niemeier und Schmidt, 2017; Franke et al, 2021). Unsere Modellsimulationen zeigen auch, dass die Effizienz der Injektion mit zunehmender Injektionsrate abnimmt (Abbildung unten; Niemeier und Timmreck, 2015).

Eine mögliche optische Auswirkung der Emissionen von SO2 in die Stratosphäre, ist eine stärkere rötliche Färbung des Sonnenunterganges, wie man es auch nach dem Ausbruch des Pinatubos beobachten konnte. Dafür nimmt tagsüber die Streuung an den Aerosolen zu und der Himmel sieht milchig weiß aus. Auf einen tief blauen Himmel müßten die Menschen dann verzichten.

Literatur

Bodyko MI. 1977. Climatic Change. AGU. Washington, D.C : 261.

Crutzen PJ. 2006. Albedo enhancement by stratospheric sulfur injections: A contribution to resolve a policy dilemma?.  Clim Change 77: 211-219.

Niemeier Ulrike, Schmidt H, Timmreck C. 2010. The dependency of geoengineered sulfate aerosol on the emission strategy, Atmos. Sci. Let.,DOI: 10.1002/asl.304

Niemeier Ulrike and Simone Tilmes, Sulfur injections for a cooler planet, Science, Vol. 357, Issue 6348, pp. pp 246-248, DOI: 10.1126/science.aan3317, 2017. (Invited paper)

Computerbasierte Erdsystemmodelle wurden zur Simulation möglicher Ausirkungen von SRM auf das Klima verwendet. Im Vergleich der Ergebnisse verschiedener Modelle lassen sich robuste Folgen erkennen, wenn die Ergebnisse von wenigstens 75% der Modelle übereinstimmen. Schmidt et al (2012) und Kravitz et al (2013) vergleichen die Ergebnisse von 4 bzw 12 Erdsystemmodellen. Dabei wurden die Klimaauswirkungen (Strahlungsantrieb) von einer gegenüber dem Jahr 1850 um das vierfache erhöhten CO2 Konzentration, durch eine Verringerung der auf den Erdboden auftreffenden Sonnenstrahlung ausgeglichen. Im Modell wird dabei die Annahme von riesigen Spiegeln im All durch eine Verringerung der Solarkonstante simuliert. Diese idealisierte Annahme hat einen sehr starken Strahlungsantrieb, wodurch mögliche Folgen deutlicher herausgehoben werden.

Die Simulation zeigt, dass es möglich ist, das globale Mittel der Temperatur auf einem vorindustriellen Wert zu halten. Dieses gilt aber nicht für regionale Werte, da ein Anstieg der Temperaturen in höheren Breiten über geringere Temperaturen in den Tropen ausgeglichen werden muß. Dadurch wird der Temperaturunterschied zwischen den Tropen und Polargebieten verringert, mit Folgen für die großräumige Dynamik der Atmosphäre. Eine weitere, von allen Modellen berechnete Auswirkung ist eine Abnahme des Niederschlages im globalen Mittel. Diese zeigt sich besonders in Veränderungen des Niederschlages über Nord- und Südamerika, sowie dem nördlichen Eurasien. Allgemein läßt sich sagen, dass ein durch Geoengineering bestimmtes Klima von einem natürlichen Klimazustand abweicht.

Jones et al (2013) zeigen die Auswirkungen eines plötzlichen Aussetzten von Geoengineering. Darin zeigen die Modelle übereinstimmend eine schnelle Temperaturzunahme nach der Beendigung des Geoengineering auf 60 - 100% des Vergleichswertes ohne Geoengineering innerhalb der ersten fünf Jahre. So schnell könnte die Natur, Pflanzen und Tiere, sich nicht an die Klimaänderungen anpassen. Niemeier et al (2013) vergleichen die Auswirkungen verschiedener Ansätze zum Geoengieering miteinander. Dazu wurden Simulationen mit der Annahme von Schwefelemissionen in der Stratossphäre, Seesalzemissionen über den tropischen Ozeanen und Spiegel im All miteinander vergleichen. Die Ergebnisse, von nur einem Modell, zeigen, dass die oben beschriebene Abnahme des Niederschlages bei angenommenen Spiegeln im All sich bei Geoengineering mit Schwefelemissionen  (SAI) noch verstärken dürften.

Ein sehr wichtiger Aspekt in der Diskussion um SAI sind gesellschaftliche Auswirkungen (Pfrommer et al, 2019). Wer hat die Hand am Thermostat? Welches Klima wollen wir, passend für Indonesien, Europa oder Russland? Man muß auch bedenken, dass SAI immer globale Auswirkungen hat. Niemeier und Tilmes (2017) disktieren diesen Aspekt etwas genauer. Zudem bleibt anzumerken, dass sehr unsicher ist, welche Schwefelmenge zu welcher Abkühlung führt. Die Abbildung zeigt die Ergebnisse verschiedener Modelle, welche die Strahlungsauswirkungen (radiative forcing, RF) für verschiedene Injektionsmengen berechnet haben. RF ist propotional zu Temperaturänderungen am Boden. Die Ergebnisse weichen stark voneinander ab, die resultierende Abkühlung ist also sehr verschieden.

Das Umweltbundesamt gibt in seiner Broschüre "Großtechnische Eingriffe in globale Umweltprozesse – eine Alternative im Klimaschutz?" einen Überblick über die wichtigsten Ideen zum Geo-Engineering und legt Kriterien zu deren Bewertung vor. Ebenso hat das Kiel Earth Institute im Jahr 2011 eine SondierungstudieClimate engineering erstellt.

 

Literatur:

Jones, A., J. M. Haywood, K. Alterskjær, O. Boucher, J. N. S. Cole, C. L. Curry, P. J. Irvine, D. Ji, B. Kravitz, J. E. Kristjánsson, J. C. Moore, U. Niemeier, A. Robock, H. Schmidt, B. Singh, S. Tilmes, S. Watanabe, and J.-H. Yoon, The impact of abrupt suspension of solar radiation management (termination effect) in experiment G2 of the Geoengineering Model Intercomparison Project (GeoMIP), Journal of Geophysical Research, submitted.

Kravitz et al.: Climate model response from the Geoengineering Model Intercomparison Project (GeoMIP), JGR, DOI: 10.1002/jgrd50646, 2013

Niemeier, U., H. Schmidt, K. Alterskjær, and J. E. Kristjánsson, Solar irradiance reduction via climate engineering--climatic impact of different techniques, Journal of Geophysical Research, submitted.

Schmidt, H. et al.: Solar irradiance reduction to counteract radiative forcing from a quadrupling of CO2: climate responses simulated by four earth system models, Earth Syst. Dynam., 3, 63-78, doi:10.5194/esd-3-63-2012, 2012.

Vergleich verschiedener Climate-engieering Methoden

Diese Veröffentlichung wurde von JGR als “Research Spotlight” ausgewählt

Für den Fall, dass es nicht gelingt, den zukünftigen Klimawandel durch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen hinreichend zu begrenzen, werden  zunehmend Geoengineering-Maßnahmen zur Abkühlung der Erde vorgeschlagen. Für eine informierte Debatte über Geoengineering ist ein besseres wissenschaftliches Verständnis möglicher Aus- und Nebenwirkungen, insbesondere auch auf das Klimasystem, notwendig. Eine Vielzahl der Vorschläge wird unter dem englischen Begriff „solar radiation management“ (SRM, „Strahlungsmanagement“) zusammengefasst, das im allgemeinen auf eine verstärkte Reflexion der Sonnenstrahlung abzielt. Zu den vorgeschlagenen Methoden gehören die Injektion von Schwefel in die Stratosphäre, Spiegel im Weltall oder das Aufhellen der Bewölkung über den Ozeanen durch das Versprühen von Meersalztröpfchen.  Es wird erwartet, dass alle diese Methoden einen kühlenden Effekt haben, aber gleichzeitig Änderungen von Niederschlägen und anderen Parametern des globalen und regionalen Klimas bewirken.

Mit dem Erdsystemmodell MPI-ESM des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) haben Wissenschaftler um Dr. Ulrike Niemeier und Dr. Hauke Schmidt vom MPI-M, Abteilung “Atmosphäre im Erdsystem”, die Auswirkungen dieser drei Methoden verglichen. In ihren Simulationen wurde versucht die globale Erwärmung durch den Anstieg von Treibhausgasen im Emissionsszenario RCP 4.5 durch  Techniken des Strahlungsmanagements nach dem Jahr 2020 über 50 Jahre auszugleichen. Die Ergebnisse wurden einem Szenario mit konstantenTreibhausgaskonzentrationen des Jahres 2020 gegenübergestellt.

Die Autoren fanden heraus, dass man im Modell zwar alle drei Strahlungsmanagement-Techniken so dosieren kann, dass sie den erwarteten globalen Temperaturanstieg nach 2020 ähnlich stark begrenzen, die resultierenden Niederschlagsmuster und –mengen aber zwischen diesen Methoden variierten.  Alle drei SRM-Techniken verringern den globale Gesamtniederschlag stärker als wenn die globalen Treibhausgaskonzentrationen konstant blieben. Das Injizieren von Schwefel oder Meersalz führt jedoch zu einer noch stärkeren Reduktion als Spiegel im All. Zusätzlich verändert sich durch Salzinjektionen auch die Verteilung des Niederschlags über Land und Meer: zunehmender Niederschlag über Land und abnehmender über den Ozeanen.

Alle drei Methoden ergeben eine verringerte Temperaturdifferenz zwischen den Polen und dem Äquator, wobei Salzinjektionen zu einer stärkeren Abkühlung in den Tropen führen würden als die anderen Methoden.

Originalveröffentlichung:
Niemeier, U., H. Schmidt, K. Alterskjær and J.E. Kristjánsson: Solar irradiance reduction via climate engineering – Impact of different techniques on the energy balance and the hydrological cycle. Journal of Geophysical Research-Atmospheres, doi:10.1002/2013JD020445, 2013.

Eine große Unsicherheit von SAI ist die große Bandbreite der Modellergebnisse. Verschiedene Modelle benötigen eine unterschiedliche Schwefelmenge für die gleiche Abkühlung am Boden. Daher lässt sich nicht genau sagen, wie stark die Abkühlung bei der Injektion einer bestimmten Schwefelmenge wäre. Die Abbildung zeigt die Ergebnisse verschiedener Modelle, welche die Strahlungsauswirkungen (radiative forcing, RF) für verschiedene Injektionsmengen berechnet haben. RF ist propotional zu Temperaturänderungen am Boden. Die Ergebnisse weichen stark voneinander ab, die resultierende Abkühlung ist also sehr verschieden. Bei höheren Injektionsraten werden die Teilchen größer und liegen nicht mehr in dem zur Streuung optimalen Größenbereich wordurch die Effizienz, die Abkühlung pro injektierter Masse, abnimmt. Es wäre aber theoretisch trotzdem möglich auch eine starke Klimaerwärmung mit SAI abzumildern.

 

 

 

Das Thema Geoengineering wird zunehmend in den Medien behandelt. So hat z.B. die Deutsche Welle eine kleine Einführung zusammengestellt, wie auch der SPIEGEL, und DIE ZEIT kommentiert meine Science Perspective sehr treffend. Mit den Entwicklern der YouTube Serie KURZGESAGT habe ich mich über den Plott zu ihrem Video Geoengineering: A Horrible Idea We Might Have to Do  ausgetauscht. Das Video wurde innerhalb eines halben Jahres 5 Mio mal angeklickt. Zudem hat Welt der Physik einen Podcast aufgenommen: Geoengineering.  detector.fm beschäftigt sich ausfühlich mit dem Thema, u.a. mit einem Podcast. Im Klimabericht vom Spiegel Sollen wir die Sonne verdunkeln? gibt es ebenfalls einen Podcast über die Beeinflussung von Wolken und einer künstlichen Schwefelschicht in der Stratosphäre. Arte hat sich in einer Sendung zu Staub  (Arte 42: Was wenn es den Staub nicht gäbe?) auch mit Geoengineering beschäftigt. Es gibt zudem eine eigene 42-Sendung zum Thema mit mehreren Kollegen von mir (Kann Geoengineering das Klima retten?). Tagesschau: Wetter machen, was dann?

Die Max Planck Gesellschaft hat sich des Themas Geoengineering ebenfalls angenommen. Sie fragte zum Earth Day 2019, ob Geoengineering auch als Maladaptation angesehen werden könnte, also eine Anpassung mit schlechten Nebenwirkungen. Cedric Engels hat in Zusammenarbeit mit der MPG ein Video rund ums Geoengineering  entwickelt, für das er mitten in der Pandemie per Videocall ein Interview mit mir gemacht hat. Mit Tim Schröder habe ich mich über meine Arbeit unterhalten. Daraus entstand der Artikel Riskante Kühlung in der MPG-Forschung. Zudem gibt es eine Ausgabe von Max-Wissen Climate Engineering: Ein Plan zur Kühlung der Erde.

Weitere allgemeine Informationen zum Thema Geoengieering wurden vom Kiel Earth Institute herausgeben, welche 2011 die Ergebnisse einer Sondierungsstudie veröffentlicht haben.

Zudem wird dort ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft („Climate Engineering: Risks, Challenges, Opportunities?“ (SPP 1689) koordiniert. Im Rahmen dieses Programms wurden verschiedene Broschüren zusammengestellt. Innerhalb des Projektes werden auch Angebote und Informationen für Schüler gesammelt und bereitgestellt.