Wenn Gewitter die Augen der Wissenschaftler*innen zum Leuchten bringen: erste Ergebnisse der FESSTVaL-Messkampagne

In einer kürzlich veröffentlichten Studie berichtet Dr. Cathy Hohenegger, Gruppenleiterin in der Abteilung Klimaphysik, über das „Field Experiment on Submesoscale Spatio-Temporal Variability in Lindenberg“, kurz FESSTVaL, genanntes Messprojekt. Die Autor*innen stellen die Messstrategie von FESSTVaL vor und zeigen erste Beobachtungsergebnisse, darunter noch nie dagewesene hochaufgelöste Muster von Bereichen kalter Luftmassen unter Gewitterwolken, so genannten Cold Pools. Solche Cold Pools sind wichtig für den Lebenszyklus von Gewittern.

Voll ausgebildete organisierte Gewitter sind beeindruckende Wettersysteme, die sich über hunderte bis tausende von Kilometern erstrecken können. Doch bevor sie solche beeindruckenden Größen erreichen, müssen Gewitter aus kleinen Wolken heranwachsen, zum Teil mit Hilfe von Cold Pools. Dieser Übergang findet auf der Kilometerskala statt, eine Skala, die vom operationellen Oberflächennetz nicht gut beobachtet werden kann, wenn man bedenkt, dass die mittlere Entfernung zwischen den Beobachtungsstationen in Deutschland etwa 25 km beträgt. Vom 17. Mai bis 27. August 2021 haben Wissenschaftler*innen aus 12 Instituten in etwa 200 Instrumente eingesetzt und betreut, um die Atmosphäre auf der Kilometerskala unter die Lupe zu nehmen und die Entwicklung von Gewittern zu untersuchen.

Die Messkampagne FESSTVaL verfolgte drei Ziele: Messung von Variabilität auf km-Skala, Quantifizierung von Variabilität auf km-Skala und Validierung der Darstellung von Variabilität auf km-Skala in atmosphärischen Modellen. In Bezug auf die atmosphärischen Prozesse, die diese Variabilität erzeugen, lag der Schwerpunkt von FESSTVaL auf Cold Pools, Windböen und zusammenhängenden Mustern in der planetarischen Grenzschicht – dem untersten Teil der Atmosphäre. FESSTVaL fand in Lindenberg statt, dem Standort des meteorologischen Observatoriums des Deutschen Wetterdienstes. Es kombinierte ein dichtes Netz von Oberflächenbeobachtungen in einem Radius von 15 km um Lindenberg mit einer vertikalen Profilierung der Atmosphäre an drei Hauptstandorten. Ein einzigartiges Merkmal von FESSTVaL war der Einsatz von 150 selbstentwickelten und kostengünstigen Instrumenten.

Wie so oft bei Messkampagnen wurde einer der Hauptprozesse, die Bildung von Gewittern, von so viel Aufmerksamkeit abgeschreckt und versuchte, sich zu verstecken. Dank des langen Messzeitraums konnten dennoch 32 Ereignisse mit Cold Pools erfasst werden. Cold Pools entstehen unter Gewitterwolken durch die Verdunstung von Niederschlag. Unser aus Modellsimulationen abgeleitetes Konzept eines Cold Pools besteht aus einer kreisförmigen Druck- und Temperaturanomalie mit einem kalten Kern in der Mitte und steigender Temperatur zum Rand hin sowie starkem Wind am Rand. Die FESSTVaL-Messungen bestätigten dieses Bild mit zwei Ausnahmen: Cold Pools sind nicht rund, sondern in Windrichtung länglich; und die Signale eines Cold Pools in verschiedenen Variablen (Temperatur, Druck, Wind) überdecken sich nicht gut. Dies wirft die Frage auf: Wo endet ein Cold Pool eigentlich?

Weitere Information

FESSTVaL Daten sind frei erhältlich bei:

Original Publikation

Hohenegger, C., and Coauthors, 2023: FESSTVaL: The Field Experiment on Submesoscale Spatio-Temporal Variability in Lindenberg. Bull. Amer. Meteor. Soc., 104, E1875–E1892, doi.org/10.1175/BAMS-D-21-0330.1.

Kontakt

Dr. Cathy Hohenegger
Max-Planck-Institut für Meteorologie
cathy.hohenegger@mpimet.mpg.de