Vorschlag zum besseren Umgang mit schiffsbasierten Messdaten

Eine nachvollziehbare Aufbereitung von Forschungsdaten erleichtert die wissenschaftliche Arbeit und dient ihren Zielen langfristig. Anhand von Messdaten, die sie bei einer Schiffskampagne im Atlantik erhoben haben, machen Forschende einen Vorschlag für eine einheitliche Vorgehensweise.

In den Weiten der Weltmeere Messdaten zu sammeln, ist Fleißarbeit: Jahr um Jahr queren Forschungsschiffe das Meer, und doch lassen sich dabei jeweils nur kleine Teilbereiche des riesigen Ozeans erfassen. Das gilt einmal mehr für Beobachtungen der Atmosphäre, die selten der Schwerpunkt solcher Expeditionen sind. Umso wertvoller sind diese Daten, und umso wichtiger ist die Möglichkeit, sie vielfältig zu nutzen und Beobachtungen aus verschiedenen Schiffsexpeditionen zusammenführen zu können.

Deshalb gilt in der Wissenschaft die Handhabe nach den FAIR-Prinzipien als Goldstandard: Daten sollen auffindbar, zugänglich, interoperabel (also gemeinsam verwertbar) und wiederverwendbar (findable, accessible, interoperable, re-usable) sein. Dazu gehört beispielsweise, sie auf öffentlich zugänglichen Repositorien zu archivieren und sie so zu beschreiben, dass jede*r sie möglichst einfach nutzen kann.

Doch selbst den FAIR-Prinzipien genügende Daten auszuwerten kann mühsam sein, wenn diese von verschiedenen Expeditionen stammen. Julia Windmiller, Forscherin am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), kennt dies aus eigener Erfahrung: „Die Daten liegen ursprünglich in unterschiedlichen Dateiformaten vor, Messgrößen werden unterschiedlich bezeichnet und Daten müssen unterschiedlich aufbereitet werden“, erklärt die Atmosphärenphysikerin. „Außerdem gehören die Daten unterschiedlichen Institutionen und werden in unterschiedlichen zeitlichen und/oder räumlichen Auflösungen bereitgestellt. Dies erschwert ihre ganzheitliche Nutzung.“

Eine Blaupause für schiffsbasierte Messungen

Windmiller und ihre Kolleg*innen haben nun einen Vorschlag für ein einheitliches Vorgehen gemacht, das allen in Zukunft die Arbeit erleichtern soll. Das von Laura Köhler (ebenfalls MPI-M, jetzt Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung) geleitete Team illustriert diese Vorgehensweise am Beispiel einer 2023 mit dem deutschen Forschungsschiff Maria S. Merian durchgeführten Kampagne. Die Expedition „Atlantic References and Convection“ (ARC) im tropischen Atlantik diente der Erforschung der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ), einem Wolkenband in der Nähe des Äquators. Die wissenschaftliche Besatzung erfasste dabei unterschiedliche atmosphärische und ozeanographische Messgrößen – einige davon kontinuierlich, andere bei ausgewählten Gelegenheiten oder während Stopps an Stationen.

Wie sich diese Daten im Nachgang der Kampagne übersichtlich und einheitlich aufbereiten lassen, haben die Wissenschaftler*innen nun gezeigt: Der auf dem Datenarchiv PANGAEA veröffentlichte umfangreiche Datensatz nutzt einheitliche Zeitschritte, an internationalen Standards ausgerichtete Bezeichnungen, das internationale Einheitensystem SI und liefert die zur Aufbereitung verwendeten Computerprogramme gleich mit. Diese lassen sich für zukünftige Kampagnen anpassen – auch wenn andere Messinstrumente verwendet oder abweichende Parameter erfasst werden. „Wir stellen damit ein umfassendes Gesamtpaket zur Verfügung, bestehend aus den Datensätzen, einem dazugehörigen Paper, den genutzten Verarbeitungsroutinen in Form eines GitHub Repository und das Python Package ‘shipspy‘, welches die Computerprogramme enthält, die andere Forschungsgruppen ganz einfach weiternutzen können“, fasst Laura Köhler zusammen. „Wir hoffen damit eine Blaupause für schiffsbasierte Messungen zu liefern, die hilft, den bestehenden Datenschatz aufzuwerten und weiter anwachsen zu lassen.“

Neues zur inneren Struktur der ITCZ

Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse sich aus den Daten der ARC-Kampagne gewinnen lassen, illustrieren die Forschenden ebenfalls. Während der vierwöchigen Forschungsfahrt vom afrikanischen Inselstaat Kap Verde nach Chile kreuzte das Schiff die ITCZ dreimal. Die Auswertung zeigt: Anhand des Gehalts von Wasserdampf in der Atmosphäre sowie von Windgeschwindigkeit und -richtung können die Wissenschaftler*innen die Position der ITCZ genau bestimmen, und auch die innere Struktur des Wolkenbandes wird deutlich. Insbesondere zeigen sich Regionen auffallend geringer Windgeschwindigkeit, die sogenannten Doldrums, zu denen Julia Windmiller erst kürzlich eine neue Theorie vorgestellt hatte. Die jetzt veröffentlichten sowie weitere geplante Messungen sollen helfen, die Theorie zu bestätigen und mehr über die innere Struktur der ITCZ zu erfahren. Das vorgeschlagene Konzept für den Umgang mit den wertvollen Messdaten dürfte die Zusammenstellung solcher schiffsbasierten Messdaten in Zukunft deutlich vereinfachen.

Originalveröffentlichungen

Köhler, L., Windmiller, J., Baranowski, D., Brennek, M., Ciuryło, M., Hayo, L., Kȩpski, D., Kinne, S., Latos, B., Lobo, B., Marke, T., Nischik, T., Paul, D., Stammes, P., Szkop, A., und Tuinder, O.: Calm ocean, stormy sea: atmospheric and oceanographic observations of the Atlantic during the Atlantic References and Convection (ARC) ship campaign, Earth System Science Data, 17, 633–659, https://doi.org/10.5194/essd-17-633-2025, 2025

Köhler, L., Baranowski, D. B., Brennek, M., Ciuryło, M., Hayo, L., Jansen, F., Kepski, D., Kinne, S., Latos, B., Lobo, B., Marke, T., Nischik, T., Paul, D., Pietruczuk, A., Stammes, P., Szkop, A., Tuinder, O., und Windmiller, J.: Standardized data sets of the atmospheric and oceanographic observations gathered during MARIA S. MERIAN cruise MSM114/2 (ARC), PANGAEA [data set], https://doi.org/10.1594/PANGAEA.966616, 2024

Köhler, L.: ARC: Processing of atmospheric and oceanographic measurements, Github [code], https://github.com/LauraKoehler/arc_processing, 2023.

Köhler, L.: shipspy, version 1.0.0, Github [code], https://github.com/shipspy-development/shipspy, 2024.

Kontakt

Dr. Laura Köhler
Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
laura.koehler@we dont want spamawi.de

Dr. Julia Windmiller
Max-Planck-Institut für Meteorologie
julia.windmiller@we dont want spammpimet.mpg.de