ORCESTRA: Erforschung tropischer Wolken und ihrer Auswirkungen auf das Klima

Am 10. August hatte ORCESTRA (das Orchester) seinen ersten Auftritt auf den Kapverden. PERCUSION (die Trommel) gibt den Takt vor, indem sie über dem Regengürtel des tropischen Atlantiks hin und her fliegt. Der MAESTRO steuert sein Flugzeug durch das Feld der Kumuluswolken rund um die Kapverden, um zu verstehen, wie konvektive Stürme entstehen. BOW-TIE (die Fliege) des MAESTROS reist mit dem Schiff von den Kapverden nach Barbados, und schaut von unten auf konvektive Stürme und deren Wechselwirkung mit dem Ozean. Auch das CELLO, CLARINET (die Klarinette), Piccolo (die Flöte) und STRINQS (die Streicher) sind mit von der Partie, ebenso wie SCORE (die Partitur), die auf Barbados erstellt wird.

Möchten Sie mehr erfahren? Dann lesen Sie weiter oder besuchen Sie die ORCESTRA-Webseite.

Im August und September 2024 findet die internationale Messkampagne ORCESTRA statt. ORCESTRA, kurz für "Organized Convection and EarthCare Studies over the Tropical Atlantic," zielt darauf ab, die Auswirkungen der Organisation tropischer Wolken auf das Klima zu erforschen. Ursprünglich initiiert vom Max-Planck-Institut für Meteorologie, vereint ORCESTRA inzwischen siebzehn Institute aus sieben Ländern, die mit modernster Technologie, darunter drei Forschungsflugzeuge, ein Forschungsschiff, dem neuen EarthCare-Satelliten sowie Bodenstationen auf den Kapverden und auf Barbados umfangreiche koordinierte Messungen im tropischen Atlantik durchführen.

Die Rolle der tropischen Wolken im Klimasystem

Tropische Wolken spielen eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. In der Passatwindregion reflektieren flache Kumuluswolken das Sonnenlicht und tragen so zur Regulierung der Erdoberflächentemperatur bei. Der kräftige Regen, der in den hochreichenden Kumuluswolken entsteht, wo die Passatwinde aufeinandertreffen, liefert etwa ein Drittel des weltweiten Niederschlags. Diese Wolken sind auch entscheidend für den Transport von Wasserdampf von der Erdoberfläche in die freie Troposphäre, was die vertikale Verteilung der Feuchtigkeit in der Atmosphäre beeinflusst und somit das Klima prägt.

Die ausgedehnte Region, in der die Passatwinde der nördlichen und südlichen Hemisphäre zusammenströmen und intensive Niederschläge auftreten, wird als Intertropische Konvergenzzone (ITCZ) bezeichnet. Die aufsteigende Luft in der ITCZ verursacht nicht nur starke Niederschläge, sondern bildet auch den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation, eines der wichtigsten globalen Zirkulationssysteme. Veränderungen in der ITCZ und den Meeresoberflächentemperaturen können zu erheblichen Schwankungen des Niederschlags führen, die Regionen bis hin zur Sahelzone stark beeinflussen.

Zukunft der ITCZ: Veränderungen und Unsicherheiten

Es wird erwartet, dass sich die ITCZ in einem wärmer werdenden Klima verändern wird. Wie genau die globale Erwärmung die Tropen und die ITCZ beeinflussen wird, bleibt jedoch eine der drängendsten Forschungsfragen. Wird sich die ITCZ bei steigenden Temperaturen verschieben oder verengen? Wie werden Energiebilanz und ITCZ-Verhalten durch konvektive und mesoskalige Organisation beeinflusst? Welche regionalen Auswirkungen sind zu erwarten? Wird es auf den Kapverden in Zukunft mehr regnen? Wird Senegal längere Trockenperioden erleben? Wird Barbados häufiger von Hurrikanen betroffen sein?

Das Vertrauen in Klimasimulationen für diese Region ist begrenzt, da konventionelle Klimamodelle seit Jahrzehnten Schwierigkeiten haben, die ITCZ aufgrund ihrer groben Gitterauflösung genau darzustellen. Das klassische Bild der ITCZ als durchgehendes Band von Regenwolken, das sich von Osten nach Westen erstreckt, wird durch die tägliche Variabilität der ITCZ in Frage gestellt. Studien zeigen, dass die ITCZ ein chaotischeres Bild aufweist, mit erheblichen täglichen Veränderungen in der Wolkenmenge und -organisation und mit mehr als nur einer Konvergenzlinie. Neue sturmauflösende Klimamodelle, können prinzipiell die Dynamik der hochreichenden Kumuluswolken und ihrer Wechselwirkungen mit der Umgebung, einschließlich des darunterliegenden Ozeans, und den großskaligen Zirkulationssystemen wie der Hadley-Zelle, besser darstellen. Ihre Anwendung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.

ORCESTRA's Mission und Forschungsziele

ORCESTRA verfolgt mehrere zentrale Ziele: Im Fokus steht die Untersuchung der physikalischen Mechanismen der tropischen Konvektion auf der Mesoskala-Ebene. Dabei werden die Wechselwirkungen zwischen der konvektiven Organisation und tropischen Wellen sowie die Atmosphäre-Ozean-Prozesse, die die Konvektion beeinflussen, analysiert. Dies geschieht mit Hilfe modernster Beobachtungsplattformen und Messinstrumente, darunter drei Flugzeuge, ein Forschungsschiff und zwei Bodenstationen. Desweiteren wird untersucht, wie die konvektive Organisation das Strahlungsbudget der Erde beeinflusst und welche Rolle sie bei der Entstehung tropischer Wirbelstürme spielt. Ein wichtiger Bestandteil von ORCESTRA ist die Validierung der EarthCare-Satellitenmission, einem Gemeinschaftsprojekt der ESA und der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA). EarthCare hat zum Ziel, das Verständnis von Wolken, Aerosolen und deren Wechselwirkungen zu verbessern. Durch den Vergleich der In-situ-Daten von ORCESTRA mit den EarthCare-Satellitenbeobachtungen werden Fernerkundungstechniken verfeinert. Abschließend werden die gesammelten Daten genutzt, um globale Ozeanwirbel- und sturmauflösende Klimamodelle zu verbessern. Dies soll genauere Simulationen der tropischen Meteorologie und der atmosphärischen Prozesse ermöglichen.

Die Kampagne und ihre Teilkomponenten

ORCESTRA bündelt insgesamt acht verschiedene Beobachtungskampagnen, die mit ihren spezifischen Forschungsfragen und neuester Messtechnologie zum übergeordneten Ziel des Projekts beitragen, unter anderem sind das:

PERCUSION, die deutsche HALO-Mission, die sich auf die Untersuchung tiefer Konvektion in der ITCZ fokussiert. Zu diesem Zweck wird das deutsche Forschungsflugzeug HALO eingesetzt. PERCUSION baut auf früheren Missionen wie NARVAL und EUREC4A auf und erforscht neue Konvektions- und Aerosolregime. Die Kampagne umfasst detaillierte Studien zur konvektiven Aggregation, Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen und Arealen mit niedrigen Windgeschwindigkeiten, den sogenannten Doldrums. HALO wird zunächst im östlichen tropischen Atlantik (Kapverden) und später im westlichen tropischen Atlantik (Barbados) fliegen, wobei koordinierte Unterflüge mit EarthCare sowie Validierungsflüge zur Überprüfung der EarthCare-Daten durchgeführt werden.

MAESTRO, konzentriert sich auf die mesoskalige Organisation der tropischen Konvektion. Das französische Forschungsflugzeug SAFIRE ATR-42 wird in der unteren Troposphäre fliegen, um hochauflösende Daten über Wolkenstrukturen und konvektive Systeme zu sammeln. Die ATR-42 wird eine Vielzahl von Instrumenten einsetzen, um die Wechselwirkungen zwischen Strukturen in der unteren Schicht, Wolkeneigenschaften nahe der Wolkenbasis und der Verteilung von Wasserdampf und Temperatur zwischen den Wolken zu untersuchen. Die Daten von MAESTRO werden durch die HALO-Messungen in der oberen Troposphäre ergänzt, die die dynamischen und thermodynamischen Eigenschaften der Atmosphäre erfassen. Weitere Daten kommen von geostationären Satelliten und dem EarthCare-Satelliten.

Die BOW-TIE-Kampagne untersucht die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Ozean sowie die Wolkendynamik in der ITCZ durch schiffsgestützte Beobachtungen. Das deutsche Forschungsschiff METEOR folgt einer festgelegten Route durch die ITCZ, um umfassende Daten über die Auswirkungen von konvektiven Stürmen auf den Ozean und deren Wechselwirkungen mit der Atmosphäre zu sammeln. Diese Route ermöglicht es, detaillierte Querschnitte der ITCZ und der oberen Ozeanschichten zu erstellen. Die gesammelten Daten werden mit langfristigen Beobachtungen des PIRATA-Netzwerks kombiniert und beinhalten Messungen von Niederschlag, Feuchtigkeitsprofilen, Windgeschwindigkeiten, Temperaturen und Salzgehalt in den oberen Ozeanschichten.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Plattformen

Die Vielfalt und Kombination der verschiedenen ORCESTRA-Plattformen ermöglichen eine umfassende Abdeckung des tropischen Atlantiks und die Erfassung unterschiedlicher Bedingungen in der ITCZ. Beispielsweise tritt der meiste Niederschlag im Osten auf. Die Kapverden im Osten und Barbados im Westen sind zentrale Stationen der Kampagne. Das deutsche Forschungsflugzeug HALO wird in den Kapverden starten und nach Barbados fliegen, während die MS METEOR den gleichen Weg verfolgt, um den Atlantik zu vermessen.

Diese Messungen sind entscheidend für ein umfassendes Verständnis der Klimaprozesse. Die verschiedenen Standorte und Plattformen ergänzen sich optimal, da sie ein größeres Gebiet abdecken, um Veränderungen der atmosphärischen Bedingungen entlang der Route zu verstehen. Jede Plattform verfügt über spezifische Fähigkeiten, die sich ideal ergänzen. Der EarthCare-Satellit liefert Momentaufnahmen der atmosphärischen Bedingungen aus dem Weltraum, während das Forschungsschiff METEOR kontinuierlich die Grenzschicht zwischen Ozean und Atmosphäre überwacht. Die Flugzeuge untersuchen Wolken und ihre Bedingungen in verschiedenen Höhenlagen: HALO erreicht große Höhen und lange Distanzen, während die französische ATR -42 die unteren und mittleren Schichten der Atmosphäre abdeckt. Die Kombination dieser Plattformen ergibt ein vollständiges Profil der Atmosphäre und des Ozeans und liefert ein detailliertes und umfassendes Bild der Klimaprozesse im tropischen Atlantik.

ORCESTRA wird dazu beitragen, das Verständnis der zentralen Region des tropischen Atlantiks zu vertiefen, insbesondere der Intertropischen Konvergenzzone und ihrer zukünftigen Veränderungen. Die gesammelten Daten und Erkenntnisse dieser Kampagne werden entscheidend sein, um Klimamodelle zu verfeinern und unser Verständnis der Auswirkungen der Wolkenorganisation auf das globale Klima zu erweitern. ORCESTRA markiert einen weiteren bedeutenden Schritt in der internationalen Klimaforschung.

Weitere Informationen

ORCESTRA-Webseite
EarthCare-Webseite

Kontakt

Prof. Dr. Bjorn Stevens
Max-Planck-Institut für Meteorologie
bjorn.stevens@mpimet.mpg.de

Dr. Julia Windmiller
Max-Planck-Institut für Meteorologie
julia.windmiller@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Daniel Klocke
Max-Planck-Institut für Meteorologie
daniel.klocke@we dont want spammpimet.mpg.de

Yuting Wu
Max-Planck-Institut für Meteorologie
yuting.wu@we dont want spammpimet.mpg.de