EUREC4A — Internationale Feldstudie untersucht, wie Passatwolken Wetter und Klima bestimmen
Ziel von EUREC4A ist es, das Verständnis für das Zusammenspiel zwischen Wolken, Konvektion und Zirkulation und deren Rolle im Klimawandel zu fördern. EUREC4A entstand mit der Idee, einen hypothetischen Mechanismus zu überprüfen, der sich in Klimamodellen zeigt: In einigen Modellen verringert sich die Bewölkung über dem Ozean bei Erwärmung der Erde. Dadurch gibt es in diesen Modellen mehr Erwärmung als in Modellen ohne diesen Mechanismus. Die Messungen von EUREC4A sollen dazu beitragen, die damit zusammenhängende Unsicherheit über die Geschwindigkeit der Erwärmung bei steigenden CO2-Konzentrationen zu verringern. Gleichzeitig wird EUREC4A untersuchen, inwieweit die großräumige Strukturierung von Wolken deren Klimawirkung beeinflusst, sowie die Empfindlichkeit von Wolken gegenüber Teilchen in der Atmosphäre (Aerosole, einschließlich Mineralstaub) und die mit kleinen (1 km bis 10 km) Fronten und Wirbeln im Ozean verbundene Variabilität.
Flache Kumuluswolken im Winter, wie sie in der Nähe von Barbados und östlich davon über dem Meer vorkommen, sind bekannt als Passatwindkumuli oder Schönwetterwolken. Sie gehören zu den am weitesten verbreiteten Wolkentypen auf der Erde. Ihre Empfindlichkeit gegenüber Veränderungen der Umweltbedingungen beeinflusst das Ausmaß und die Geschwindigkeit der zukünftigen globalen Erwärmung. Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, wie wichtig das Zusammenspiel von Wolken, Konvektion und Zirkulation für diese Empfindlichkeit ist. In den numerischen Modellen wird diese Wechselwirkung unterschiedlich dargestellt, d. h. die Passatwolken reagieren in den Modellen unterschiedlich auf Klimastörungen. Klimamodelle projizieren beispielsweise, dass die Fläche, die von flachen Wolken bedeckt ist, sehr empfindlich auf die Stärke der vertikalen Durchmischung reagiert und dies ihre Reaktion auf die Erwärmung beeinflusst, während Prozessmodelle das Gegenteil zeigen. Das Verstehen und Auflösen dieser Widersprüche sind die Grundlage für die Feldstudie EUREC4A.
Deshalb soll während der Kampagne die Größe der physikalischen Eigenschaften der Passatwindkumuli (z.B. Wolkenanteil und Feuchtegehalt) in Abhängigkeit von der großräumigen Umgebung (Atmosphäre und Ozean) bestimmt werden. Durch eine detaillierte Beschreibung sowohl der Verteilung der Wolken als auch des großräumigen Umfelds, in das sie eingebettet sind, ermöglicht EUREC4A die Beantwortung zusätzlicher Fragen: ob kleinräumige Ozeanwirbel und -fronten die Luft-Meer-Wechselwirkungen und die Bewölkung verändern, wie Veränderungen des atmosphärischen Aerosols (durch Verschmutzung oder Mineralstaub) die Bewölkung beeinflussen und inwieweit zwischenzeitliche atmosphärische Zirkulationen helfen, die Wolkenfelder selbst zu organisieren, so dass der Energiehaushalt der Erde beeinflusst wird. EUREC4A wird die Referenz für eine verbesserte Datengewinnung durch Satelliten-Fernerkundung liefern. Wichtig ist, dass die Kampagne, in gewisser Hinsicht angeführt durch Beiträge von Forschenden aus Barbados, dazu beitragen wird, eine neue Generation von Wetter- und Klimamodellen zu testen, insbesondere im Hinblick auf ihre Reaktion in Regionen, die bekanntermaßen anfällig für Wetterextreme und den Klimawandel sind.
Seit Jahrzehnten gibt es Bemühungen, zu verstehen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, wie stark Klimamodelle auf einen CO2-Anstieg reagieren. Durch das Überprüfen von daraus resultierenden Hypothesen, ist EUREC4A die wichtigste Feldstudie der „Grand Science Challenge on Clouds, Circulation and Climate Sensitivity“ des World Climate Research Programme (WCRP). Ursprünglich war EUREC4A als eine mittelgroße Feldstudie konzipiert, die den koordinierten Einsatz des Barbados Cloud Observatory (BCO), eines einzigen französischen und deutschen Flugzeugs und die Unterstützung der Grand Science Challenge Initiative des WCRP umfasste. Im Laufe der Zeit hat sich EUREC4A zu einer viel ehrgeizigeren Kampagne entwickelt. Die Ziele sind weitreichender, es werden mehr Beobachtungsplattformen eingesetzt und eine große Anzahl von internationalen Partnern nimmt teil. Zudem gibt es ergänzende Beiträge aus Projekten, die unter anderen vom European Research Council (ERC) und von der Europäischen Kommission gefördert werden, sowie nationalen Beiträge (Schweiz, USA und Großbritannien).
Die Kampagne
Die Feldaktivitäten während EUREC4A werden von Barbados aus durchgeführt und sind Ausdruck einer engen und langjährigen Zusammenarbeit mit dem CIMH als einem wichtigen wissenschaftlichen Partner. Für einen Zeitraum von etwa sechs Wochen werden sich die Operationen auf den Atlantik östlich von Barbados im nördlichen Tropischen Atlantik (57 W, 13 N) konzentrieren. Mehr als 40 nationale und internationale Partnerinstitutionen aus neun Ländern (Barbados, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Polen, Schweiz, UK, USA) sind beteiligt. Den Kern der Feldstudie bildet der Einsatz von fünf Forschungsflugzeugen, vier Forschungsschiffen, neu umfunktionierten barbadischen Flugzeugen und Schiffen, fortschrittliche bodengestützte Fernerkundung am BCO des MPI-M, eine neue Generation hochentwickelter Satelliten-Fernerkundungsmethoden und die koordinierte Anwendung einer neuen Generation von turbulenzauflösenden Wettermodellen (100 m) über tausende von Kilometern.
Messplattformen: Flugzeuge, Forschungsschiffe und ein Wolkenobservatorium
Im Rahmen von EUREC4A werden vier Forschungsflugzeuge, die vorübergehend auf Barbados stationiert sind, und ein umgerüstetes Flugzeugs der Regional Security Services (RSS), das permanent auf Barbados stationiert ist, eingsetzt. Die französische ATR-42 des Service des Avions Français Instrumentés pour la Recherche en Environnement (SAFIRE) wird In-Situ- und Fernerkundungssensoren in der unteren Troposphäre einsetzen. BOREAL, ein von BOREAL SAS entwickeltes autonomes Flugzeug, das zuvor vom Centre National de Recherches Météorologiques (CNRM) der Météo-France eingesetzt wurde, wird Turbulenzmessungen in der Nähe der Meeresoberfläche durchführen. Das deutsche Forschungsflugzeug HALO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), mit einer Reichweite von bis zu 8000 km und einer oberen Betriebshöhe von 15 km, ist mit einer umfangreichen Fernerkundungsinstrumentierung und einer Möglichkeit Dropsonden abzuwerfen ausgestattet. Eine Twin Otter des British Antarctic Survey (BAS) wird sich auf die Messung von Aerosolen und der turbulenten und mikrophysikalischen Wolkenstruktur konzentrieren. Das US-Forschungsflugzeug WP-3D ORION der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) wird die Messungen komplementär zu denen der anderen Flugzeuge durchführen, indem es unter anderem die großräumigen Verhältnisse in Windrichtung des Hauptmessgebietes und durch spezielle Nachteinsätze den täglichen Zyklus der Wolken und ihrer Umgebung untersucht. Das umfunktionierte Flugzeug der RSS wird insbesondere die Meereseigenschaften im Fokus haben.
Schiffsbasierte Beobachtungen werden das Spektrum der luftgestützten Beobachtungen auf ein größeres und vor allem zeitlich kontinuierliches Beobachtungsgebiet von etwa 1000 km erweitern. Geplant ist ein großräumiges Einsatzgebiet mit vier Schiffen. Beteiligt sind die deutschen Forschungsschiffe METEOR und MARIA S. MERIAN, das NOAA-Schiff RONALD H. BROWN und das französische Forschungsschiff L'ATALANTE. Unterstützung wird es durch Schiffe der Marine von Barbados geben. Die Forschungsschiffe dienen als Fernerkundungs- und In-Situ-Plattformen für Atmosphären- und Meeresbeobachtungen. Dazu gehören Radiosonden, Lidar- und Radarverfahren sowie Ballon-Drachen ("Max Planck CloudKites") und autonom fliegende Fahrzeuge.
Die Messungen von den mobilen Plattformen werden durch Messungen des Barbados Cloud Observatory (BCO) gestützt. Das BCO ist eine gemeinsame Einrichtung, die aus einer Kooperation zwischen dem MPI-M, dem CIMH und dem Museum von Barbados entstanden ist. Es wurde 2010 gegründet und bleibt trotz der Bedeutung tropischer Wolken für den Klimawandel das einzige fortschrittliche Wolkenobservatorium im Bereich der Tropen. Während EUREC4A werden die laufenden Messungen des BCO durch zusätzliche Bodenmessungen und durch ein großes scannendes Forschungsradar (Polarization Diversity Doppler Radar, POLDIRAD) ergänzt, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde, um insbesondere atmosphärischen Feinstaub zu untersuchen. POLDIRAD hat eine horizontale Reichweite von 250 km, welche das Haupteinsatzgebiet von EUREC4A umfasst, und wird Informationen über den Lebenszyklus von Wolken und über Niederschläge liefern.
EUREC4A unterscheidet sich von vielen anderen Feldstudien, nicht nur durch den Umfang und den Grad der Koordination in Bezug auf ihre Messanlagen, sondern auch durch die Anwendung neuartiger experimenteller Techniken. Dazu gehören Methoden zur Charakterisierung der Verteilung von Wolken mit Hilfe der horizontalen Fernerkundung aus der französischen ATR, aber auch neue Methoden zur Untersuchung der großräumigen Umgebung mit Hilfe von Dropsonden, wie in früheren, vorbereitenden Feldstudien gezeigt wurde.
Aus Deutschland sind vier Max-Planck-Institute (MPI-M, MPI für Dynamik und Selbstorganisation, MPI für Chemie und MPI für Marine Mikrobiologie), fünf Universitäten (Köln, Hamburg, Hohenheim, Leipzig und München), drei Helmholtz-Institute (DLR, GEOMAR und HZG), das Leibniz-Institut TROPOS und der Deutsche Wetterdienst (DWD) an der Kampagne beteiligt.
Publikationen zu EUREC4A
Bony, S., B. Stevens et al.: EUREC4A: A Field Campaign to Elucidate the Couplings Between Clouds, Convection and Circulation. Surv. Geophys. (2017) 38:1529-1568, doi:10.1007/s10712-017-9428-0
Bony, Sandrine, Bjorn Stevens und David Carlson (März 2017). Understanding clouds to anticipate future climate. In: WMO Bulletin 66, S. 8_11. ISSN: 0042-9767.
Bony, S. & Stevens, B. (2019). Measuring area-averaged vertical motions with dropsondes. Journal of the Atmospheric Sciences, 76, 767-783. doi:10.1175/JAS-D-18-0141.1
Konow, Heike, Marek Jacob, Felix Ament, Susanne Crewell, Florian Ewald, Martin Hagen, Lutz Hirsch, Friedhelm Jansen, Mario Mech und Bjorn Stevens (1. Juli 2019). A united data set of airborne cloud remote sensing using the HALO Microwave Package (HAMP). In: Earth System Science Data 11, S. 921_934. ISSN: 1866-3508. doi:10.5194/essd 11-921-2019.
Stevens, B., Ament, F., Bony, S., Crewell, S., Ewald, F., Gross, S., Hansen, A., Hirsch, L., Jacob, M., Kölling, T., Konow, H., Mayer, B., Wendisch, M., Wirth, M., Wolf, K., Bakan, S., Bauer-Pfundstein, M., Brueck, M., Delanoë, J., Ehrlich, A., Farrell, D., Forde, M., Gödde, F., Grob, H., Hagen, M., Jäkel, E., Jansen, F., Klepp, C., Klingebiel, M., Mech, M., Peters, G., Rapp, M., Wing, A. & Zinner, T. (2019). A high-altitude long-range aircraft configured as a cloud observatory – the NARVAL expeditions. Bulletin of the American Meteorological Society, 100, 1061-1077. doi:10.1175/BAMS-D-18-0198.1
Stevens, B., Farrell, D., Hirsch, L., Jansen, F., Nuijens, L., Serikov, I., Brügmann, B., Forde, M., Linné, H., Lonitz, K. & Prospero, J. (2016). The Barbados Cloud Observatory — anchoring investigations of clouds and circulation on the edge of the ITCZ. Bulletin of the American Meteorological Society, 97, 787-801. doi:10.1175/BAMS-D-14-00247.1
Weitere Informationen
- EUREC4A Projektwebseite
- Grand Challenge WCRP
- NARVAL Studien
- 'Im Fokus' Artikel über NARVAL II
- Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe (mit Wochenberichten von METEOR und MARIA S. MERIAN)
- US ATOMIC-Mission schließt sich mit EUREC4A zusammen: NOAA Research News
Kontakt
Prof. Dr. Bjorn Stevens (Deutschland)
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 422 (Assistentin Angela Gruber)
E-Mail: bjorn.stevens@ mpimet.mpg.de
Dr. David Farrell (Barbados)
Caribbean Institute for Meteorology and Hydrology (CIMH)
E-Mail: dfarrell@ cimh.edu.bb
Dr. Sandrine Bony (Frankeich)
Laboratoire de Meteorologie Dynamique (LMD/IPSL)
Tel: +33 1 44 27 50 14
E-Mail: sandrine.bony@ lmd.jussieu.fr