Wie kalt ist es unter Gewittern? Erforschung von Cold Pools in Hamburg

Wissenschaftler*innen der Universität Hamburg und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) untersuchen im Rahmen von FESST@HH ein Wetterphänomen, das wir alle besonders in diesen Tagen gut kennen: Gewitter. Das Wetter ist warm und schön, und plötzlich kommt ein Gewitter auf. Die Luft kühlt sich insbesondere in Bodennähe durch das Verdunsten vom Niederschlag deutlich ab, und es treten starke Windböen auf, aber nach ein paar Minuten scheint erneut die Sonne, es wird wieder warm und der Wind ist kaum spürbar.

Diese raschen und kleinskaligen Veränderungen, im Fachjargon das Auftreten eines Cold Pools (eines ‚Kaltluftsees‘), sind nicht nur wegen der Schäden wichtig, die sie verursachen können, sondern auch, weil sie den Lebenszyklus von Gewittern beeinflussen. Es handelt sich um durch Verdunstung abgekühlte Luft, die sich hoch oben in einer Gewitterwolke gebildet hat, und nun durch die Atmosphäre nach unten strömt und sich am Boden unter den regnenden Wolken verteilt. Das herkömmliche Bodenmessnetz, bei dem etwa alle 25 km eine Messstation steht, ist nicht gut geeignet, um die Struktur und Entwicklung solcher räumlich begrenzten Wetterphänomene zu erfassen. Dies will das Projekt FESST@HH nun im Rahmen einer Messkampagne in Hamburg ändern, um sich einen detaillierten Einblick in die Struktur von diesen Cold Pools zu verschaffen.

An 102 Stationen im Hamburger Raum werden Messgeräte an einer drei Meter hohen Stange, sogenannte APOLLOs (Autonomous Cold Pool Logger – siehe Foto), selbstentwickelt in der Forschungsgruppe von Prof. Felix Ament, eingesetzt, die einmal in jeder Sekunde oberflächennah die Lufttemperatur und den Luftdruck messen. Sie sollen die Cold Pools messen, deren Struktur man zwar gut aus Modellsimulationen, nicht aber bis jetzt in der Natur kennt.

Lesen Sie mehr dazu im Interview mit Prof. Felix Ament, Universität Hamburg und MPI-M.

Ursprünglich sollten die APOLLOs im Sommer 2020 im Umkreis von 20 km um den DWD-Standort Lindenberg in Brandenburg im Rahmen der größeren Messkampagne FESSTVaL verteilt werden. FESSTVaL steht für Field Experiment on Submesoscale Spatio-Temporal Variability in Lindenberg (deutsch: Feldexperiment zur räumlich-zeitlichen Variabilität unterhalb der Mesoskala in Lindenberg) und wurde vom Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung (HErZ) initiiert. Wegen der Corona-Pandemie und der Reiseeinschränkungen wurde das Feldexperiment in und um Lindenberg auf den Sommer 2021 verschoben, und es wird nun auf die Messungen im Hamburger Raum in privaten Gärten und auf dem Gelände städtischer Behörden ausgewichen. Die Messungen begannen am 1. Juni und haben bereits einige Cold Pools beobachten können.

Die Erkenntnisse werden dazu dienen, (i) die Darstellung kleinskaliger Prozesse in den Modellen der numerischen Wettervorhersage zu verbessern, (ii) neue Messstrategien zu testen, z. B. die Frage zu klären, wie nah beieinander Messgeräte stehen müssen, um die Prozesse zu erfassen, und (iii) die Erkenntnisse aus Modellsimulationen mittels der gesammelten Beobachtungen zu testen.

Mehr Informationen:

Projekt FESSTVaL: http://fesstval.de/
FESST@home: http://fesstval.de/fessthome-2020/fessthh-cold-pools

Kontakt:

Dr. Cathy Hohenegger
Max-Planck-Institut für Meteorologie
FESSTVaL – Lenkungsausschuss
Tel.: 040 41173 302
E-Mail: cathy.hohenegger@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Sarah Wiesner
Universität Hamburg – Meteorologisches Institut
Koordinatorin FESSTVaL
Tel.: 040 42838 5158
E-Mail: sarah.wiesner@we dont want spamuni-hamburg.de