Wie eine vulkanische Wasserdampfwolke ihren eigenen Transport durch die Stratosphäre beeinflusst

Dr. Ulrike Niemeier und ihre Koautor*innen simulierten mit dem Modell ICON erfolgreich den Transport einer Wasserdampfwolke durch die Stratosphäre. Diese Wasserdampfwolke wurde nach dem Ausbruch des Hunga Tonga Hunga Ha’apai Vulkanes in großer Höhe beobachtet. Die Simulation stimmte sehr gut mit den Beobachtungen überein. So konnten die Autor*innen der Frage nachgehen, wie die Wasserdampfwolke selbst ihren Transport beeinflusst.

Der Ausbruch des unterseeischen Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha'apai im Januar 2022 veränderte den Wasserdampfgehalt der Stratosphäre: Etwa 150 Tg Wasserdampf (H2O), circa 10 % des gesamten stratosphärischen H2O-Gehalts, wurden in Höhen über 50 km emittiert. Die entstandene Wasserdampfwolke sank in den ersten Wochen nach dem Ausbruch rasch von anfänglich 50 km auf 22-27 km Höhe ab. Die Autor*innen verfolgten die räumliche Entwicklung der vulkanischen H2O-Wolke über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren auf zwei Arten: Sie analysierten die Messungen des H2O-Mischungsverhältnisses vom Microwave Limb Sounder (MLS) an Bord des Aura-Satelliten, und simulierten den Transport der H2O-Wolke mit dem Modell ICON.

Die simulierte räumliche Entwicklung der H2O-Wolke kommt den MLS-Beobachtungen sehr nahe. In beiden Fällen durchlief der vertikale Transport der H2O-Wolke drei Phasen: eine anfängliche Absinkphase, eine stabile Phase und eine Phase des Aufsteigens. Mit verschiedenen Annahmen für die Simulationen konnten die Autor*innen zeigen, dass die Strahlungskühlung den großräumigen Transport der H2O-Wolke in der Stratosphäre beeinflusst. Die Strahlungskühlung wird durch die Infrarot-Emission des Wasserdampfes verursacht: Die Temperatur innerhalb der H2O-Wolke ist niedriger als außerhalb der Wolke, was das Absinken der H2O-Wolke verursacht.

Die Abkühlung in der Wasserdampfwolke verursacht die Absinkphase. Sie wirkt auch dem großräumigen Aufsteigen von Wasserdampf in der tropischen Stratosphäre entgegen und führt zu einer stabilen Phase mit Wasserdampfausbreitung auf gleichbleibender Höhe. Damit moduliert die Strahlungswechselwirkung den großräumigen Transport der H2O-Wolke für etwa neun Monate. Die Autor*innen untersuchen auch, inwieweit der Transport durch andere Faktoren wie die Quasi-Biennial-Oszillation (QBO) und die globale atmosphärische Brewer-Dobson-Zirkulation (BDC) beeinflusst wird. Die gute Übereinstimmung mit den Beobachtungen zeigt, dass das Modell viele Aspekte der Entwicklungsphasen der Wasserdampfwolke sehr gut simuliert, z.B. die Strahlungskühlung und die damit verbundene Wolkenmikrophysik, den meridionalen Transport der Wolke zu den Polen und die Phasen der QBO.

Diese Studie ist die erste wissenschaftliche Anwendung einer neuen ICON-Modellkonfiguration, die gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst für den Einsatz in saisonalen Vorhersagen und Klimaprojektionen (XPP) entwickelt wurde. Diese Konfiguration basiert auf einer Modellversion wie sie auch für die numerische Wettervorhersage verwendet wird, jedoch wurden das Landmodell und das vertikale Diffusionsschema durch das JSBACH-Modul ersetzt. Die horizontale Auflösung war mit 160 km deutlich gröber als in der Wettervorhersage üblich. Die Simulationen wurden mit einem neu entwickelten vertikalen Gitter mit einer maximalen vertikalen Auflösung von 500 m in der Stratosphäre durchgeführt. Diese Studie ermöglichte es, die Stratosphärendynamik dieser neuen Modellversion zu testen. Dem Modell wurde dazu nur ein Startfeld vorgegeben, welches der aktuellen meteorologischen Situation am Tag des Vulkanausbruchs entsprach. Weitere Vorgaben, z. B. Nudgen, waren für die gute Simulation des Wasserdampftransportes nicht notwendig.

Originalpublikation

Niemeier, U., Wallis, S., Timmreck, C., van Pham, T., & von Savigny, C. (2023). How the Hunga Tonga—Hunga Ha'apai water vapor cloud impacts its transport through the stratosphere: Dynamical and radiative effects. Geophysical Research Letters, 50, e2023GL106482. https://doi.org/10.1029/2023GL106482

Kontakt

Dr. Ulrike Niemeier
Max-Planck-Institut für Meteorologie
ulrike.niemeier@we dont want spammpimet.mpg.de