Trauer um Reimar Lüst

Das Max-Planck-Institut für Meteorologie hat einen großen Freund verloren.

Reimar Lüst, brillanter Astrophysiker, Wissenschaftsmanager, ehemaliger Präsident der Max-Planck-Gesellschaft und enger Freund unseres Institutes, starb am 31. März 2020 im Alter von 97 Jahren.

Reimar Lüst hat als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft die Gründung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) im Jahr 1974 maßgeblich gefördert. Er erkannte somit die Bedeutung der Klimaforschung schon lange bevor der menschengemachte Klimawandel ein dringliches gesellschaftliches Thema wurde. Reimar Lüst lebte nach seiner Emeritierung mit seiner Frau in Hamburg und hatte sein Büro am MPI-M. Bis in sein 97. Lebensjahr hinein war er am Institut aktiv, und er unterstützte es als Berater und Fürsprecher. Wir wandten uns nicht oft an ihn, aber wenn wir es taten, ging es um Entscheidendes, und sein Rat half stets weiter.

Reimar Lüst, geboren am 25. März 1923, blickte auf ein bewegtes Forscherleben und eine herausragende Karriere als Wissenschaftsmanager zurück. Er studierte Physik, promovierte 1951 bei Prof. Dr. Carl Friedrich von Weizsäcker am Göttinger Max-Planck-Institut für Physik und habilitierte 1960 in Theoretischer Physik an der Universität München. Nach mehreren Forschungs- und Lehraufenthalten an verschiedenen renommierten Universitäten in den USA und drei Jahren als Wissenschaftliches Mitglied am damaligen Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik wurde er 1963 Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München, das er bis 1972 leitete. Dort legte er die ersten Anfänge einer deutschen Weltraumforschung. Mit Hilfe französischer Raketen wurden Bariumbehälter in große Höhen geschossen, um künstliche Kometenschweife zu produzieren. Der Nachweis ionisierter Teilchen in natürlichen Kometenschweifen, die vom Sonnenwind beeinflusst werden, konnte so erbracht werden. In dieser Zeit war er auch maßgeblich am Aufbau der europäischen Weltraumorganisation ESRO beteiligt, deren wissenschaftlicher Direktor (1962 – 1964) und Vizepräsident (1968 – 1970) er war. Von 1965 bis 1972 war er außerdem Mitglied des Wissenschaftsrats, den er ab 1969 als dessen Vorsitzender lenkte.

1972 übernahm Reimar Lüst die Präsidentschaft der Max-Planck-Gesellschaft für 12 Jahre bis 1984. Die folgenden sechs Jahre zeichnete er als Generaldirektor für die European Space Agency (ESA) verantwortlich. Von 1989 bis 1999 führte er die Alexander von Humboldt-Stiftung als Präsident. Er hat zudem entscheidend die Gründung der Jacobs University in Bremen vorangetrieben. In die Planungskommission der vormals „International University Bremen“ wurde Reimar Lüst 1998 berufen; den Aufsichtsrat der neu gegründeten Universität leitete er als Vorsitzender von Februar 1999 bis Dezember 2004.

Für sein Wirken wurde Reimar Lüst vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland und mit dem Titel des „Offiziers der Ehrenlegion“ von Frankreich.

Reimar Lüst widmete sein Leben der Verfechtung von Forschungsideen, der Förderung wissenschaftlicher Institute und der Erweiterung der Grenzen menschlichen Wissens. Mit größtem Respekt und größter Dankbarkeit nehmen wir Abschied von Reimar Lüst.

Nachruf auf der Startseite der Max-Planck-Gesellschaft:

https://www.mpg.de/14637221/souveraener-steuermann-der-wissenschaft

 

Buchempfehlung:

„Der Wissenschaftsmacher - Reimar Lüst im Gespräch mit Paul Nolte“, Verlag C.H. Beck. Eine Podiumsdiskussion mit Reimar Lüst und Paul Nolte wurde am 08.04.2008 am MPI-M aufgezeichnet. Die DVD ist am MPI-M erhältlich.

Kontakt:

Dr. Annette Kirk
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Kommunikation