Neue Klimasimulationen für das “Coupled Model Intercomparison Project”

Forschende rund um den Globus versuchen mit numerischen Klimamodellen Antworten auf diese Frage zu finden: Wie verändert die globale Erwärmung unsere Welt? Das Erdklima ist äußerst komplex und schwierig zu modellieren. Jedes Klimamodell hat seine spezifischen Stärken und Schwächen. Um die Bandbreite möglicher zukünftiger Klimaentwicklungen abzuschätzen, werden die Ergebnisse aller wichtigen Klimamodelle weltweit unter der Schirmherrschaft des World Climate Research Project (WCRP) gemeinsam ausgewertet und verglichen. Auf diese Weise schätzen die Wissenschaftler*innen die Unsicherheit der Klimaprojektionen ab und leiten die wahrscheinlichsten Antworten des Klimasystems auf die gegebenen Szenarien ab. An diesem umfangreichen internationalen Projekt, das als Coupled Model Intercomparison Project Phase 6 (CMIP6) bekannt ist, sind weltweit etwa 50 Forschungseinrichtungen beteiligt. Die Ergebnisse tragen zur wissenschaftlichen Grundlage für den nächsten Sachstandsbericht AR6 des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bei, der 2021/2022 veröffentlicht wird.

Das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) beteiligte sich an dem kürzlich abgeschlossenen BMBF-geförderten Projekt DICAD, das den deutschen Beitrag zum internationalen CMIP6-Archiv koordiniert und die am CMIP6 beteiligten nationalen Institute beim Aufbau der Infrastruktur für eine standardisierte Datenaufbereitung und -publikation unterstützt hat. Partner von DICAD sind neben dem MPI-M das Deutsche Klimarechenzentrum (DKRZ), der Deutsche Wetterdienst (DWD), das Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Freie Universität Berlin.

CMIP6 besteht aus drei Hauptelementen: Erstens, einem Satz von Standardexperimenten zur Modellevaluation, den DECK-Experimenten (Diagnostic, Evaluation and Characterization of Klima) und den historischen Simulationen (1850 - 2014); zweitens, gemeinsamen Datenformaten und einer gemeinsamen Datenspeicherung, um die Verteilung der Modellergebnisse zu erleichtern; drittens, einem Satz spezifischer Modellvergleichsprojekte (Model Intercomparison Projects - MIPs). Das bekannteste MIP ist das ScenarioMIP, in dem eine Reihe von möglichen zukünftigen Klimaprojektionen durchgeführt wird. Wissenschaftler*innen des MPI-M sind an 15 experimentellen MIPs beteiligt, wobei sie oft eine führende Rolle bei der Formulierung der Leitfragen und der Gestaltung der Experimente übernahmen, wie z.B. für das Paläoklima-MIP, das Radiative Forcing-MIP oder das Coupled Climate-Carbon Cycle-MIP. Wissenschaftler*innen des MPI-M haben auch an der Leitung neuartiger "diagnostischer MIPs" (z.B. Sea Ice MIP [1]) mitgewirkt, die sich auf die Bewertung spezifischer Themen und die Entwicklung neuartiger Instrumente konzentrieren.

Das MPI-M beteiligt sich am CMIP6 mit zwei Erdsystemmodellen: MPI-ESM und ICON-ESM. MPI-ESM [2] wird in verschiedenen Konfigurationen verwendet, die sich in der Auflösung und der Komplexität der integrierten Prozesse unterscheiden. MPI-ESM-HR weist eine höhere Auflösung als das für CMIP5 verwendete Modell auf, was zu signifikanten Verbesserungen in der Darstellung der Ozean- und Atmosphärendynamik geführt hat [3]. Diese Konfiguration wird für historische Simulationen, Zukunftsszenarien und für das Decadal Climate Prediction Project (DCPP) verwendet. Das rechnerisch effiziente MPI-ESM-LR (LR - low resolution) wird für viele MIPs verwendet, welche lange Integrationen oder mehrere Realisierungen von Einzelexperimenten erfordern. Im "LR"-Modell wurden die Kohlenstoff- und Stickstoffzyklen implementiert und Vegetationsänderungen dynamisch berechnet, was es für MIPs mit Interesse an Landprozessen geeignet macht. Das „HighResMIP“ analysiert Modelle mit höchstmöglicher Auflösung im Rahmen des EU-H2020-Projekts PRIMAVERA, um z.B. die atmosphärische Zirkulation und Ozeanwirbel mit Hilfe der MPI-ESM-ER-Konfiguration [4] besser darstellen zu können.

Das MPI-M hat kürzlich sein neues ICON-ESM vorgestellt, ein völlig neues Modellsystem, das auf fortschrittlichen numerischen Techniken basiert. ICON-ESM zeichnet sich durch unstrukturierte Gitter aus und eignet sich besonders gut für moderne Rechnerinfrastrukturen. In der ersten Anwendung von ICON-ESM als Werkzeug für die Klimaforschung werden derzeit CMIP6-DECK und historische Experimente durchgeführt, und die Ergebnisse werden im CMIP6-Datenspeicher veröffentlicht. Dies verankert ICON-ESM als neuartiges Modellsystem in der Gemeinschaft und bietet die Möglichkeit, es von Wissenschaftlern weltweit evaluieren zu lassen.

Das DICAD-Projekt konzentrierte sich auf Simulationen über den historischen Zeitraum und auf Zukunftsprojektionen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts, für die mehrere neue gemeinsame sozioökonomische Szenarien-Pfade (SSP) vom ScenarioMIP bereitgestellt wurden. Die SSPs berücksichtigen mögliche Entwicklungen der Treibhausgasemissionen, aber auch Bemühungen, den Treibhausgasausstoß zu mindern. MPI-ESM simuliert die historische Entwicklung der globalen mittleren Oberflächentemperatur in guter Übereinstimmung mit den Beobachtungsdaten (Abb. 1). Dies ist zum Teil auf eine moderate Gleichgewichtsklimasensitivität (ECS) zurückzuführen, ein Merkmal, das die Empfindlichkeit des Modells gegenüber einem erhöhten Treibhausgasantrieb widerspiegelt. Die ECS des MPI-ESM stimmt mit den jüngsten Bewertungen auf der Grundlage von Beobachtungen überein, unterscheidet sich aber von mehreren anderen CMIP6-Modellen. Im Rahmen des DICAD Projektes wurden vier verschiedene SSP-Szenarien hoher Priorität durchgeführt. Die MPI-ESM Simulationen zeigen dabei für das Ende des Jahrhunderts gut voneinander getrennte Projektionen (Abb. 1). Für ausgewählte Szenarien wurden „Ensembles“ von bis zu zehn MPI-ESM-Simulationen durchgeführt, um Informationen über interne Klimavariabilität und Unsicherheit einzubeziehen.

Das zentrale Ziel des “Pariser Abkommens" des United Nations Framework Convention on Climate Change ist es, die globale Antwort auf die Bedrohung durch den Klimawandel zu stärken, indem der globale Temperaturanstieg in diesem Jahrhundert deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird, und die Bemühungen fortgesetzt werden, den Temperaturanstieg noch weiter auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Während das Szenario SSP5-8.5 nahe an früheren Hoch-Emissions-Szenarien aus früheren CMIPs liegt, erlaubt es die Anwendung des neuen moderaten SSP1-2.6, das Ziel einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad Celsius im Jahr 2100 in die Schwankungsbreite seines Ensembles einzubeziehen. SSP1-2.6 erfordert jedoch drastische Minderungsbemühungen.

Laufende Arbeiten der Wissenschaftler*innen des MPI-M fließen in das Wissen des IPCC AR6 ein, indem sie Prozesse und Rückkopplungen evaluieren oder neue Methoden einführen, wie z.B. einen Rahmen, um Unterschiede der Modelle im Kohlenstoffkreislauf physikalischen und biologischen Prozessen zuzuordnen. Andere Veröffentlichungen dokumentieren den Fortschritt von CMIP5 zu CMIP6, z.B. eine verbesserte Simulation des Meereisverlusts bei einer gegebenen Erwärmung [1] oder verbesserte Prognosefähigkeiten in höher auflösenden DCPP-Modellen [5].

 

Veröffentlichungen:
[1] SIMIP Community (2020) Arctic sea ice in CMIP6. Geophys. Res. Lett., 47, e2019GL086749.
[2] Mauritsen, T., & Roeckner, E. (2020). Tuning the MPI-ESM1.2 global climate model to improve the match with instrumental record warming by lowering its climate sensitivity. J. Adv. Model. Earth Syst., 12, e2019MS002037.
[3] Müller, W.A. et al. (2018) A higher-resolution version of the Max-Planck-Institute Earth System Model (MPI-ESM 1.2 - HR). J. Adv. Model. Earth Syst., 10, 1383–1413.
[4] Gutjahr, O. et al. (2019) Max Planck Institute Earth System Model (MPI-ESM1.2) for the High-Resolution Model Intercomparison Project (HighResMIP), Geosci. Model Dev., 12, 3241–3281.
[5] Schuster, M., et al. (2019) Improvement in the decadal prediction skill of the North Atlantic extratropical winter circulation through increased model resolution. Earth System Dynamics, 10, 901-917.

Kontakt:

Dr. Johann Jungclaus
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 109
E-Mail: johann.jungclaus@we dont want spammpimet.mpg.de