Gekoppelte Klimamodelle unterschätzen systematisch den Strahlungseffekt auf die Oberflächenerwärmung

Bilden Klimamodelle die Kopplung zwischen der Erwärmung der Erdoberfläche und der Strahlung über der Atmosphäre realistisch ab? Dirk Olonscheck, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Meteorologie, und Maria Rugenstein, Assistenzprofessorin an der Colorado State University, zeigen, dass die Modelle die beobachtete Stärke der Kopplung systematisch unterschätzen. Dadurch akkumulieren die Modelle zu viel Energie in der Atmosphäre, was zu einer möglicherweise zu hohen Klimasensitivität einiger Modelle beiträgt.

Eine realistische Darstellung der Reaktion der Strahlung in der oberen Atmosphäre (TOA) auf die Oberflächenerwärmung ist entscheidend für das Vertrauen in Klimamodellprojektionen. Die Frage, ob Klimamodelle die beobachtete Kopplung zwischen der TOA-Strahlung und der globalen und lokalen Oberflächenerwärmung wiedergeben, war jedoch bisher ungelöst, was zum Teil auf die Kürze der Beobachtungsdaten zurückzuführen ist.

Olonscheck und Rugenstein gehen das Problem der kurzen Beobachtungszeit von 22 Jahren für die TOA-Strahlung an, indem sie die interne Variabilität des Klimasystems berücksichtigen, die auf solch kurzen Zeitskalen stark ist. Sie vergleichen den beobachteten Trend mit großen Ensembles von elf Klimamodellen. Diese großen Ensembles erlauben es, sowohl die interne Variabilität im Zeitraum 2001-2022 als auch strukturelle Unterschiede zwischen den Modellen zu berücksichtigen. Die Autoren stellen fest, dass die gekoppelten Klimamodelle die beobachteten Trends der TOA-Strahlung systematisch unterschätzen, selbst wenn sie die beobachteten Trends der Oberflächentemperatur reproduzieren (Abbildung 1).

Die Autoren testen verschiedene Hypothesen, warum die Modelle den beobachteten TOA-Strahlungstrend unterschätzen und zeigen, dass die Unterschätzung durch eine zu schwache lokale Kopplung zwischen Oberflächenerwärmung und TOA-Strahlung verursacht wird, die als Response Bias (Reaktionsverzerrung) bezeichnet wird (Abbildung 2). Die zu schwache Kopplung resultiert sowohl aus größeren Regionen als auch aus einer stärkeren Unter- als Überschätzung der beobachteten TOA-Strahlungstrends (mehr blaue als rote Regionen). Diese Reaktionsverzerrung ist sowohl auf die Unfähigkeit der Modelle zurückzuführen, die beobachtete großräumige Oberflächenerwärmung zu reproduzieren, als auch auf Fehler in der Abbildung der Atmosphärenphysik, die die kurz- und langwellige Strahlung beeinflussen. Die relative Rolle der beiden Ursachen ist von Modell zu Modell sehr unterschiedlich.

Schließlich stellen Olonscheck und Rugenstein fest, dass die systematische Reaktionsverzerrung in der Stärke der Oberflächen-TOA-Kopplung in den letzten 22 Jahren mit der langfristigen Klimareaktion, der sogenannten effektiven Klimasensitivität, korreliert. Modelle mit einer stärkeren Reaktionsverzerrung, d. h. einer schwächeren Reaktion der TOA-Strahlung auf die Oberflächenerwärmung, akkumulieren zu viel Energie in der Atmosphäre, was sich in einer höheren effektiven Klimasensitivität dieser Modelle widerspiegelt (Abbildung 3). Die Ergebnisse sind somit ein weiterer Beweis dafür, dass weniger empfindliche Modelle den Klimawandel der letzten 22 Jahre realistischer abbilden als empfindlichere Modelle. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein besseres Verständnis sowohl der Rolle von Oberflächentemperaturmustern als auch von Modellfehlern bei der Darstellung der Atmosphärenphysik erforderlich ist, um die Klimasensitivität der Erde besser eingrenzen zu können.

 

Originalpublikation

Olonscheck, D., & Rugenstein, M. (2024). Coupled climate models systematically underestimate radiation response to surface warming. Geophysical Research Letters, 51, e2023GL106909. https://doi.org/10.1029/2023GL106909

Kontakt

Dr. Dirk Olonscheck
Max-Planck-Institut für Meteorologie
dirk.olonscheck@mpimet.mpg.de