Ein periodisches Windsystem in der tropischen Stratosphäre: zukünftige Entwicklung und neue Projektionen

Die "quasi-zweijährige Schwingung" (engl., quasi-biennial oscillation, QBO) ist ein bekanntes Windsystem, das durch abwechselnd hinabwandernde Schichten von West- und Ostwinden gekennzeichnet ist, die den gesamten Globus in der äquatorialen Stratosphäre umkreisen. Bislang war es jedoch unklar, wie sich die QBO durch die globale Erwärmung ändern könnte. Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Forscher Henning Franke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie hat nun mithilfe von globalen sturmauflösenden Simulationen mit dem Klimamodell ICON zeigen können, dass in einem wärmeren Klima kleinräumige atmosphärische Wellen, die einen wichtigen Antriebsmechanismus der QBO darstellen, sehr wahrscheinlich stärker werden und sich schneller ausbreiten. Aus diesem Ergebnis leiten die Forscher ab, dass die QBO sehr wahrscheinlich schneller und stärker werden wird.

Die QBO: Warum die Winde 17 bis 40 km über unseren Köpfen wichtig sind

Die QBO ist ein Windsystem, das sich in der äquatorialen Stratosphäre in einer Höhe zwischen 17 km und 40 km befindet. In diesem Höhenbereich wandern West- und Ostwindjets mit der Zeit abwechselnd nach unten, so dass die vorherrschende Windrichtung in einer bestimmten Höhe etwa alle zwei Jahre zwischen West- und Ostwind wechselt. Die QBO-Winde haben trotz ihrer großen Höhe einen Einfluss auf das Wetter an der Erdoberfläche, sowohl in den Tropen als auch in den mittleren Breiten. Aufgrund dieses Einflusses auf unser Wetter sowie aufgrund ihrer vergleichsweise langen charakteristischen Zeitskala spielt die QBO eine wichtige Rolle für längerfristige Vorhersagen auf einer Zeitskala von einigen Wochen bis zu drei Jahren.

Die ungewisse Zukunft der QBO

Vorhersagen, wie sich die QBO aufgrund der globalen Erwärmung verändern könnte, sind jedoch nicht sehr zuverlässig, da die Art von Klimamodellen, die bisher genutzt wurde, um potenzielle Änderungen der QBO vorherzusagen, die grundlegende Physik der QBO nur schlecht abbilden. Dies liegt daran, dass ein wichtiger Antriebsprozess der QBO in diesen Modellen nicht aufgelöst ist, nämlich kleinräumige atmosphärische Wellen (Schwerewellen), die sich aufgrund der Erdanziehungskraft bilden. Stattdessen wird versucht, ihre Auswirkungen empirisch durch Parametrisierungen darzustellen. Die mit der Parametrisierung der Schwerewellen einhergehende Unsicherheit setzt sich in die QBO-Projektionen fort und verursacht deren große Unsicherheiten. Eine Konsequenz daraus ist, dass Projektionen der QBO von Klimamodell zu Klimamodell sehr unterschiedlich sind.

Globale sturmauflösende Simulationen mit ICON können diese Unsicherheit überwinden

Um diese Unsicherheit in den QBO-Projektionen zu überwinden, wendeten Franke und seine Mitautoren eine naheliegende, aber neuartige Strategie an, die darin bestand, die QBO direkt zu ‚simulieren’: Sie verzichteten schlicht und einfach auf die unsichere Parametrisierung der Schwerewellen und erhöhten stattdessen die Modellauflösung bis die Schwerewellen explizit aufgelöst und damit simuliert waren. In dieser hohen Auflösung ist zudem auch tiefe tropische Konvektion explizit aufgelöst, die die Schwerewellen anregt. Dies ist ebenfalls ein neuer und physikalisch fundierterer Ansatz, um die QBO zu repräsentieren. In diesem „sturmauflösenden“ Setup des ICON-Modells führten die Autoren dann eine Reihe von kurzen Simulationen idealisierter Erwärmungsszenarien durch. Diese Simulationen zeigen, dass in den wärmeren Klimazuständen der mit den Schwerewellen verbundene Impulsfluss in der unteren Stratosphäre erheblich zunimmt. Dies hat zur Folge, dass sich das Herabwandern der QBO-Winde beschleunigt. Außerdem werden die QBO-Winde in den wärmeren Klimazuständen stärker. Die Autoren vermuten, dass sich dies auf eine durch die Erwärmung bedingte Zunahme der Geschwindigkeit, mit der sich die Schwerewellen horizontal ausbreiten, zurückzuführen lässt. Darüber hinaus argumentieren die Autoren, dass sowohl die Zunahme des Schwerewellen-Impulsflusses als auch die Zunahme der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schwerewellen auf Veränderungen der tropischen Konvektion, die die Wellen anregt, zurückgeführt werden können.

 

Auf dem Weg zu genaueren Projektionen der QBO

Die von Franke et al. vorgelegten Ergebnisse bieten somit ein klares Ziel für Modellierer, die an der Verbesserung von Parametrisierungen interessiert sind, die in billigeren und grob aufgelösten Modellen verwendet werden sollen. Eine offene Frage, die die Wissenschaftler mit ihrer Studie jedoch nicht beantworten konnten, ist, wie sich andere, statistische Aspekte der QBO aufgrund der globalen Erwärmung ändern werden. Dies liegt daran, dass die QBO neben Schwerewellen auch durch andere Prozesse angetrieben wird, die auf deutlich längeren Zeitskalen wirken. Die Experimente der jetzigen Studie sind deshalb zu kurz, um mögliche Änderungen dieser langsamen Antriebsprozesse der QBO zuverlässig abzubilden. Um dieses Problem anzugehen, planen die Forscher deshalb deutlich längere Simulationen eines vollständigen QBO-Zyklus in verschiedenen Klimazuständen durchzuführen.

Publikation

Franke, H., Preusse, P. & Giorgetta, M. (2023) Changes of tropical gravity waves and the quasi-biennial oscillation instorm-resolving simulations of idealized global warming. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, 1–23. Available from: https://doi.org/10.1002/qj.4534

Kontakt

Henning Franke
Max-Planck-Institut für Meteorologie
henning.franke@we dont want spammpimet.mpg.de