Die Reaktion des arktischen Polarwirbels auf Vulkaneruptionen unterschiedlicher Stärke

Große Vulkanausbrüche können schwefelhaltige Gase in die Stratosphäre injizieren, wo sie Sulfataerosole bilden. Diese Partikel streuen einerseits das einfallende Sonnenlicht von der Erde weg, was zu einer vorübergehenden globalen mittleren Oberflächenabkühlung führt. Andererseits absorbieren sie Infrarotstrahlung und erwärmen dadurch die untere Stratosphäre. Diese Temperaturanomalien haben Konsequenzen für die atmosphärische Zirkulation, die noch nicht gut verstanden sind.

In einer neuen Studie analysieren Alon Azoulay, Hauke Schmidt und Claudia Timmreck aus der Abteilung "Atmosphäre im Erdsystem" am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) große Ensemblesimulationen mit dem MPI-Erdsystemmodell (MPI-ESM) und zeigen, dass die Reaktion der Zirkulation nichtlinear von der Menge des in die Stratosphäre eingebrachten Schwefels abhängt (Abb. 1).

Die Erwärmung durch vulkanisches Aerosol in der unteren Stratosphäre ist in den Tropen am stärksten und es wird angenommen, dass sie insbesondere den arktischen Polarwirbel in der Winterstratosphäre verstärkt. Der genaue Effekt des vulkanischen Aerosols auf die atmosphärische Zirkulation ist jedoch nicht genau bekannt, was vor allem auf die geringe Anzahl großer Eruptionen während der Satelliten-Ära (El Chichon, 1982, und Pinatubo, 1991) und die große interne Variabilität des Polarwirbels selbst zurückzuführen ist. Eine Zeit lang wurde angenommen, dass aktuelle Klimamodelle diesen Effekt der Wirbelverstärkung nicht gut abbilden, bis Bittner et al. (2016) zeigten, dass sie dies im Allgemeinen doch tun, allerdings nur für den ersten Winter nach den größten Eruptionen. Um die Statistik zu verbessern, hatten frühere Studien auch kleinere Eruptionen und oft die zweiten Nacheruptionswinter einbezogen, was nachweislich nicht nur die Stärke, sondern auch die Nachweisbarkeit des Signals reduziert. Offen blieb die Frage, warum nicht auch relativ schwache Aerosolbelastungen in der tropischen unteren Stratosphäre eine erzwungene Wirbelantwort hervorrufen, die in Large-Ensemble-Simulationen nachweisbar ist.

Um diese Frage zu beantworten, führten Azoulay et al. große (100 Mitglieder) Ensemblesimulationen der Klimaantwort auf idealisierte vulkanische Aerosolverteilungen für tropische Eruptionen mit stratosphärischen Schwefelinjektionen von 2,5 bis 20 Tg durch. Zum Vergleich: Es wird angenommen, dass die Pinatubo-Injektion etwas weniger als 10 Tg(S) betragen hat. Die Simulationen deuten auf die Existenz eines Schwellenwertes zwischen 2,5 und 5 Tg(S) hin, unterhalb dessen der Wirbel keine erkennbare Reaktion zeigt. Diese Nichtlinearität wird teilweise durch die optische Dichte des Aerosols in Infraroten verursacht, die wegen zunehmender Partikelgröße stärker als linear mit der Injektionsmenge zunimmt. Zusätzlich scheint der dynamische Mechanismus, der die Wirbelverstärkung verursacht und der auf einer Wechselwirkung zwischen planetaren Wellen und dem Grundstrom beruht, für kleine Aerosolmengen nicht wirksam zu sein.

Frühere Studien haben argumentiert, dass stratosphärische Polarwirbelanomalien in der Arktis das Oberflächenwetter durch dynamische Kopplung beeinflussen können. Genauer gesagt wurden anomal warme Winter in Nordeurasien, wie nach dem Ausbruch des Pinatubo beobachtet, mit der Verstärkung des Polarwirbels durch vulkanisches Aerosol in Verbindung gebracht. Eine kürzlich erschienene Publikation von Polvani et al. (2019) stellt dies jedoch in Frage und argumentiert, dass die interne Variabilität zu diesem Zeitpunkt und in dieser Region zu groß ist, als dass ein einzelnes Ereignis auf einen Vulkanausbruch zurückgeführt werden könnte. In dieser Studie wird gezeigt, dass in Ensemblesimulationen mit drei umfassenden Klimamodellen die mittlere Winter-Pinatubo-Temperaturanomalie räumlich gemittelt über 40-70°N und 0-210°E nicht von Null zu unterscheiden ist. Azoulay et al. bestätigen dies für die Simulation des Pinatubo-Ausbruchs mit dem MPI-ESM unter Verwendung einer von Satelliten abgeleiteten vulkanischen Aerosolverteilung, zeigen aber, dass dasselbe Modell ein statistisch signifikantes Wintererwärmungsmuster für idealisierte Aerosolverteilungen erzeugt, die aus einer ähnlichen Injektionsmenge resultieren, wie sie für den Pinatubo-Ausbruch angenommen wurde (Abb. 2). In beiden Fällen wird jedoch eine Verstärkung des Polarwirbels simuliert. Dies legt nahe, dass Unterschiede in der Aerosolverteilung zu einer unterschiedlichen Ausbreitung der Polarwirbelsignale nach unten führen können. Weitere Forschung ist nötig, um dieses neue Rätsel zu verstehen. 

Originalveröffentlichung:

Azoulay, A., Schmidt, H. & Timmreck, C. (in press) The Arctic polar vortex response to volcanic forcing of different strengths. Journal of Geophysical Research: Atmospheres, acc. article online: e2020JD034450. doi:10.1029/2020JD034450

Referenzen:

Bittner, M., Schmidt, H., Timmreck, C., & Sienz, F. (2016) Using a large ensemble of simulations to assess the Northern Hemisphere stratospheric dynamical response to tropical volcanic eruptions and its uncertainty. Geophysical Research Letters, 43(17), 9324-9332.

Polvani, L. M., Banerjee, A., & Schmidt, A. (2019) Northern Hemisphere continental winter warming following the 1991 Mt. Pinatubo eruption: reconciling models and observations. Atmospheric Chemistry and Physics, 19(9), 6351-6366.

Kontakt:

Dr. Hauke Schmidt
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 405
E-Mail: hauke.schmidt@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Claudia Timmreck
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 384
E-Mail: claudia.timmreck@we dont want spammpimet.mpg.de