Der Aufteilung des Regens auf der Spur
Die Tropen sind die regenreichste Region der Erde und die räumliche Verteilung ihres Niederschlags hat nicht nur Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung, sondern auch auf das globale Klima. Dank moderner Beobachtungsdaten wissen wir, dass im räumlichen und zeitlichen Mittel etwa gleich viel Regen über Land wie über Ozean fällt, obwohl von der Meeresoberfläche viel mehr Feuchte verdunstet als vom Land.
Um diese Beobachtung zu verstehen, entwickelten die Autorinnen ein konzeptionelles Modell, welches das Land, den Ozean und die entsprechend darüber liegenden Bereiche der Atmosphäre als Komponenten eines gekoppelten Systems betrachtet. Während die Gesamtmenge des Wassers innerhalb dieses Systems erhalten bleibt, beschreiben die Modellgleichungen, wie sich die Wassermenge in den einzelnen Systemkomponenten durch den Feuchteaustausch untereinander in Form von Regen, Verdunstung, atmosphärischer Advektion und lateralem Abfluss im Boden ändert. Im Fall von Regen nimmt das Modell an, dass die Beziehung zwischen Niederschlag und atmosphärischer Feuchte unabhängig von der Beschaffenheit der Erdoberfläche ist und Regenraten allein vom atmosphärischen Zustand bestimmt werden. Es führt also über Land und Ozean derselbe Luftfeuchtigkeitswert auch zur selben Niederschlagsrate
Die Wissenschaftlerinnen werteten die Gleichgewichtszustände zahlreicher Modellsimulationen mit unterschiedlichen Parameterwerten aus. Sie fanden heraus, dass die Effizienz des atmosphärischen Feuchtetransports den größten Einfluss auf die Regenaufteilung zwischen Land und Ozean hat. Diese Effizienz hängt von der vorherrschenden Windstärke ab und legt eine Obergrenze für den Feuchte- und damit Niederschlagsunterschied zwischen Land- und Ozeanatmosphäre fest.
Alle Gleichgewichtszustände haben gemeinsam, dass mehr Regen über Ozean als über Land fällt. Dieses Ergebnis ist eine direkte Folge des lateralen Abflusses im Boden. Der stetige Wasserverlust des Landes muss durch einen atmosphärischen Netto-Feuchtetransport vom Ozean zum Land kompensiert werden, welcher sich jedoch nur dann einstellt, wenn die Ozeanluft feuchter ist als die Landluft. Die monoton steigende Beziehung zwischen Niederschlag und Feuchte sorgt letztlich für die höheren Regenraten über dem Ozean. Beobachtungen aus der realen Welt zeigen jedoch zumindest zeitweise stärkeren Regen über Land. Die Autorinnen schlussfolgern daraus, dass Niederschlagsprozesse über tropischem Land und Ozean in der Realität nicht, wie angenommen, identisch, sondern qualitativ verschieden sind. Regen über Land scheint unter Bedingungen geringerer Luftfeuchtigkeit möglich zu sein – ein Umstand, dessen Gründe in einer zukünftigen Studie mithilfe eines realistischeren Erdsystemmodels genauer untersucht werden kann.
Originalveröffentlichung
Schmidt, L., and C. Hohenegger, 2023: Constraints on the Ratio between Tropical Land and Ocean Precipitation Derived from a Conceptual Water Balance Model. J. Hydrometeor., 24, 1103–1117, https://doi.org/10.1175/JHM-D-22-0162.1.
Kontakt
Luca Schmidt
Max-Planck-Institut für Meteorologie
luca.schmidt@ mpimet.mpg.de