Q-ARCTIC – ERC Synergy Grant für Victor Brovkin

Der European Research Council (ERC) hat am 5. November 2020 die Gruppen der Wissenschaftler*innen bekannt gegeben, die in der Ausschreibungsrunde 2020 einen Synergy Grant erhalten werden. Das MPI-M gratuliert Prof. Victor Brovkin, Gruppenleiter in der Abteilung "Land im Erdsystem" am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), zu einem Grant für seinen Projektantrag "Quantify disturbance impacts on feedbacks between Arctic permafrost and global climate ­— Q-ARCTIC".

Prof. Victor Brovkin, MPI-M (Foto: privat)

Insgesamt sind an 18 der 34 neuen Synergy Grants deutsche Einrichtungen beteiligt, davon Institute der Max-Planck-Gesellschaft in 7 Synergy Grants. Mit den ERC Synergy Grants werden Gruppen von zwei bis maximal vier Principal Investigators (PI) gefördert, die zusammenarbeiten und unterschiedliche Fähigkeiten und Ressourcen einbringen, um ambitionierte Forschungsfragen anzugehen. Die Partner von Prof. Brovkin sind Dr. Mathias Göckede und Prof. Martin Heimann vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, Deutschland und der Universität Helsinki, Finnland, sowie Dr. Annett Bartsch von der b.geos GmbH in Österreich. Die Finanzierung beläuft sich auf insgesamt 10 Mio. €, davon ca. 3 Mio. € für die Arbeitsgruppe am MPI-M.

Das Forschungsthema von Victor Brovkin in seiner Arbeitsgruppe "Wechselwirkung Klima-Biogeosphäre" ist die Untersuchung der Interaktion der terrestrischen Ökosysteme mit dem Klima durch zahlreiche biogeophysikalische und biogeochemische Prozesse mittels einer Hierarchie von Erdsystemmodellen unterschiedlicher Komplexität. Die biophysikalischen Parameter der Landoberfläche, wie z.B. die Albedo, werden durch die Ökosysteme maßgeblich mitbestimmt. Durch biogeochemische Austauschprozesse mit Atmosphäre und Ozean spielen sie für die globalen Stoffkreisläufe eine entscheidende Rolle. Viele klimarelevante biologische Prozesse wie Pflanzenabfolge, Bodenentwicklung oder die Anreicherung von pflanzlichen Reststoffen in Feuchtgebieten bewirken auf langen Zeitskalen einen Wandel der Landoberfläche und der abiotischen Umwelt.

Mit dem ERC Grant wollen Victor Brovkin und seine Kolleg*innen die Auswirkungen von Störungen auf die Rückkopplungen zwischen arktischem Permafrost und globalem Klima quantifizieren. Der arktische Permafrost wurde als ein kritisches Element im globalen Klimasystem identifiziert, da er eine große Menge an Kohlenstoff speichert, der durch den Klimawandel freigesetzt werdenkann. Die Rückkopplungen zwischen Permafrost-Kohlenstoff und Klimawandel werden durch viele Faktoren wie Hydrologie, Topographie und Biologie gemildert. Verschiebungen bei diesen Faktoren führen wiederum zu hochkomplexen Rückkopplungen zwischen biogeochemischen und biogeophysikalischen Prozessen. Diese sind in den aktuellen Erdsystemmodellen (ESMs) nur unzureichend dargestellt, insbesondere aufgrund einer Skalierungslücke zwischen feinauflösenden Prozessen und einem Modellgitter mit grober Auflösung.

Q-ARCTIC wird ein gekoppeltes Landoberflächenmodell der nächsten Generation bereitstellen, das explizit Landschaftsmerkmale und Störungsprozesse in der Arktis in höchster Auflösung darstellen kann. Die Modellentwicklung wird mit neuartigen Fernerkundungsmethoden synchronisiert, die Landschaftsmerkmale und Veränderungspotential außergewöhnlich detailliert miteinander verbinden. Interdisziplinäre Beobachtungen auf mehreren räumlich-zeitlichen Skalen werden neue Einblicke in die Prozesse des Kohlenstoffkreislaufs im Permafrost liefern. Alle Modellierungs- und Beobachtungskomponenten sind wesentlich für das Ziel des Projekts, eine bisher nie dagewesene prozessbasierte zeitlich rückwärts gerichtete Vorhersage (Hindcast) des glazialen Permafrost-Kohlenstoffzustands und eine Projektion der Permafrost-Nachhaltigkeit unter zukünftigen Szenarien mit Schwerpunkt auf abrupten Veränderungen zu erzeugen. Victor Brovkin kommentiert: "Arktische Landschaften haben während der letzten Eiszeit riesige Mengen gefrorenen organischen Kohlenstoffs angesammelt und dienten in der jüngsten Vergangenheit als kleine natürliche Kohlenstoffsenke. Ein Nettoeffekt des wärmeren Klimas auf die Ökosysteme der Arktis und die Kohlenstoffspeicherung ist höchst ungewiss. Wir werden neue Methoden kombinieren, um die grundlegende Frage nach der Rolle des Permafrosts im Erdsystem zu beantworten".

Die bahnbrechende Forschung des Konsortiums basiert auf dem neu entwickelten ICON-ESM unter Verwendung einer Hochleistungsrechner-Infrastruktur. Die erforderlichen Fernerkundungsinformationen können erstmals aus neuen panarktischen Datensätzen, wie z.B. vom europäischen Sentinel-Satelliten, gewonnen werden. Schließlich erleichtern jüngste Durchbrüche bei ultraportablen Instrumenten und mobilen luft- und wassergestützten Plattformen die Überbrückung der Lücke zwischen In-situ-Prozessverständnis und dem Oberflächen-Atmosphären-Austausch auf der Skala von Landschaften. Das Q-ARCTIC-PI-Konsortium wird sein weltweit führendes Fachwissen in diesen Bereichen zusammenführen, um die Skalierungslücke zwischen hochauflösenden Prozessen und der gröberen ESM-Auflösung zu schließen.

Victor Brovkins berufliche Laufbahn begann 1984, als er sein Diplom in Mathematik an der Lomonossow-Universität in Moskau erhalten hatte, von wo er vier Jahre später auch seinen Doktortitel erhielt. Nachdem er in verschiedenen Forschungsstellen in Russland gearbeitet hatte, wechselte er zum Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), wo er von 1994 bis 2008 als Wissenschaftler tätig war. Seit 2008 ist er Gruppenleiter am MPI-M. Er habilitierte sich 2011 an der Universität Hamburg und wurde 2015 zum Professor an die Universität Hamburg ernannt. Victor Brovkin ist einer der Review Editors des Sechsten Sachstandsberichts (AR6) des IPCC, Arbeitsgruppe I. Er ist Mitglied der Academia Europaea.

Pressemitteilung des ERC:

https://erc.europa.eu/news/erc-2020-synergy-grants-results

Kontakt:

Prof. Dr. Victor Brovkin
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 339
E-Mail: victor.brovkin@we dont want spammpimet.mpg.de