Neue Studie zeigt, dass die Permafrost-Hydrologie eine wichtige Rolle in globalen Klimasimulationen spielt

Erdsystemmodelle weisen große Unterschiede hinsichtlich des simulierten Klimas der arktischen und subarktischen Zone auf, insbesondere in Bezug auf Meereiskonzentrationen, Oberflächentemperaturen, Verdunstungs- und Niederschlagsmengen auf. Eine neue Studie, geleitet von Forschern des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten Hamburg und Madrid sowie des Norwegischen Forschungszentrums NORCE, untersuchte die Parametrisierung der Bodenhydrologie in Permafrostgebieten als mögliche Ursache für diese Modelldiskrepanzen.

Die Darstellung der Bodenhydrologie in arktischen und subarktischen Regionen mit grob aufgelösten Landoberflächenmodellen stellt eine besondere Herausforderung dar, da diese oft von kleinräumiger Landschaftsheterogenität und räumlich und zeitlich sehr begrenzten Prozessen geprägt sind. So sind sich heutige Landoberflächenmodelle nicht einmal in der grundsätzlichen Frage einig, ob die hohen Breiten in Zukunft feuchter oder trockener werden.

Die Verfügbarkeit von flüssigem Wasser wirkt sich auf fast alle Aspekte der Land-Atmosphäre-Wechselwirkungen aus. Anhand von Simulationen mit dem Modell MPI-ESM zeigten die Forscher, dass die Parametrisierung der Permafrost-Hydrologie einen tiefgreifenden Einfluss auf die simulierte Bewölkung im Frühling und Sommer und damit auf die Strahlungsbilanz des Planeten hat. Sie fanden heraus, dass die Auswirkungen auf die Energie- und Feuchtigkeitsflüsse an der Oberfläche so ausgeprägt sind, dass Unsicherheiten in der Darstellung des arktischen Wasserkreislaufs tatsächlich dazu beitragen können, einen großen Teil der Streuung der simulierten regionalen Oberflächentemperaturen und Niederschläge zu erklären.

Darüber hinaus bestimmten die in den Simulationen gewählten Parameter die Richtung des Trends des Bodenwassergehalts im 21. Jahrhundert. Außerdem wirkten sie sich auf wichtige kryosphärische Komponenten des Erdsystems aus, wie das grönländische Eisschild, die arktische Meereisbedeckung und die Dicke des unterseeischen Permafrosts. Interessanterweise beschränkten sich die Auswirkungen dabei nicht auf die hohen nördlichen Breiten, sondern reichten bis in die Tropen, mit Auswirkungen auf Dürren im Amazonaswald und die Vegetation in Nordafrika (Abb. 1).

Abbildung 1
Abbildung 1: a) Unterschiede in den simulierten jährlichen mittleren Oberflächentemperaturen zwischen einer „trockenen“ und einer „feuchten“ Permafrostregion. Dargestellt sind die Unterschiede für eine globale mittlere Oberflächentemperatur von 1,5 °C über dem vorindustriellen CMIP6-Ensemblemittelwert. b) Wie a), aber für Gletscherablation, c) jährliche durchschnittliche arktische Meereiskonzentration, d) relativer Unterschied im Permafrostvolumen in den obersten 10 m des Untergrunds (Laptev-See und ostsibirische See), e) minimaler 3-jähriger mittlerer Niederschlag im Amazonasbecken und f) Vegetationsbedeckung in der Region des westafrikanischen Monsuns. Adaptiert von de Vrese et al., 2023.

Die beteiligten Wissenschaftler kommentierten: „Die meisten Forscher*innen interessieren sich für die nördlichen Permafrostregionen, weil dort große Mengen an gefrorener organischer Bodensubstanz vorhanden sind, die durch die künftige Erwärmung mobilisiert werden. Hier zeigt unsere Untersuchung das Potenzial für eine weitere, eine hydrologische Rückkopplung, durch die eine erwärmungsbedingte Austrocknung der arktischen und subarktischen Landschaften die globale Erwärmung beschleunigen könnte.“ Nachdem die Autoren die Bedeutung der Permafrosthydrologie aufgezeigt haben, arbeiten Dr. Philipp de Vrese, Dr. Tobias Stacke und Prof. Victor Brovkin  nun im Rahmen des Q-ARCTIC-Projekts an einer verbesserten Beschreibung der relevanten Prozesse. Hierfür nutzen sie die hierarchische Struktur des neuen JSBACH4-Modells in Kombination mit hochauflösenden Simulationen.

An der Studie waren mehrere Kerngruppen beteiligt, die im Rahmen des Projekts „Carbon Dynamics in the Arctic“ des Hamburger Exzellenzclusters CLICCS an verschiedenen Aspekten der Kryosphäre arbeiten.

Originalveröffentlichung

de Vrese, P., Georgievski, G., Gonzalez Rouco, J. F., Notz, D., Stacke, T., Steinert, N. J., Wilkenskjeld, S. and Brovkin, V. (2023). Representation of soil hydrology in permafrost regions may explain large part of inter-model spread in simulated Arctic and Subarctic climate. The Cryosphere, 17, 5, 2095–2118, http://doi.org/10.5194/tc-17-2095-2023

Kontakt

Dr. Philipp de Vrese
Max-Planck-Institut für Meteorologie
philipp.de-vrese@mpimet.mpg.de