Großforschungsprojekt PalMod: was haben wir gelernt?

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt PalMod (kurz für Paläo-Modellierung) untersucht das Klimasystem und seine Variabilität im letzten Eiszeitzyklus mit komplexen Erdsystemmodellen. Allerdings werden in solchen Modellen üblicherweise einige Komponenten, wie z.B. Eisschilde, vorgeschrieben und nicht interaktiv berechnet, d.h. sie passen sich nicht dem modellierten Klima an. Während solch eine Approximation für kurze Simulationen von mehreren Dekaden durchaus geeignet ist, so ist sie für Simulationen von glazialen Zeitskalen nicht angemessen. Deshalb müssen die Modellsysteme um neue Komponenten erweitert werden, die die Interaktionen der relevanten physikalischen und biogeochemischen Prozesse im Erdsystem inklusive der eisbedeckten Regionen beschreiben. Diese Weiterentwicklung erlaubt es, die gesamte Klimaentwicklung des letzten glazialen Zyklus in einer langen, zusammenhängenden (d.h. transienten) Simulation zu reproduzieren, die Interaktionen und Rückkopplungseffekte zwischen einzelnen Komponenten des Klimasystems besser zu verstehen und damit auch die Unsicherheiten in langfristigen Klimaprojektionen besser abzuschätzen.

Im Rahmen des Projekts PalMod, an dem das MPI-M federführend beteiligt ist, verfolgen bis zu 18 wissenschaftliche Institutionen das Ziel, das Klimasystem und seine Variabilität im letzten Eiszeitzyklus mit diesen komplexen Erdsystemmodellen zu untersuchen. Während der letzten Eiszeit, vor ca. 20.000 Jahren, war die globale Mitteltemperatur um etwa 4 bis 5 Grad niedriger als heute, auf Nordamerika und Skandinavien lagen große Eisschilde. Als Folge davon war der Meeresspiegel um ca. 120 m niedriger als heute. Die atmosphärische Konzentration von CO2 war um mehr als ein Drittel geringer gegenüber dem präindustriellen Wert. Aufgrund von sich ändernder Einstrahlung der Sonne, einer Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration und der damit verbundenen Klimaerwärmung verschwand ein Großteil der Eisschilde innerhalb von ca. 10.000 Jahren. Solche Klimaänderungen und Klimaschwankungen über viele Jahrhunderte und Jahrtausende direkt zu berechnen, stellt die Klimamodellierer*innen vor große Herausforderungen. Bisher wurden transiente Simulationen mit komplexen Klimamodellen nur über mehrere Jahrhunderte durchgeführt, in sehr wenigen Fällen über ein paar Jahrtausende, oder in Form von sogenannten Gleichgewichtssimulationen, bei denen sich der Klimaantrieb nicht ändert.

In der ersten, vierjährigen Projektphase (August 2015 – Juli 2019) lag der Fokus auf der technischen Modellentwicklung sowie auf der Simulation der letzten Termination, d.h. dem Übergang von der letzten Eiszeit in die heutige Warmzeit und dem damit einhergehenden Abschmelzen der großen Landeismassen. Dazu wurden erste transiente Experimente der letzten Termination mit einem Teilsystem des neu-entwickelten Modells durchgeführt, welches die Eisschilde anhand von Eisschildrekonstruktionen aus Beobachtungsdaten vorschreibt und einige weltweit erste Neuerungen enthält. Die Land-See-Maske und die Flussläufe wurden interaktiv angepasst, abhängig von der Topographie, der Ausdehnung der Eisschilde und der Änderung des Meeresspiegels. Es wurde ein interaktives Methanmodul mit terrestrischen Methanemissionen in das Landoberflächenmodell integriert; ein Modell für die Methansenke wurde gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Chemie (MPI-C) entwickelt, um die atmosphärische Methankonzentration in transienten Experimenten bestimmen zu können. Die Ergebnisse dieser transienten Experimente wurden in Phase II veröffentlicht, und zeigen einige Klimacharakteristika, die in den Paläodaten beobachtet wurden, wie das Ergrünen der Sahel-/der Sahararegion im frühen Holozän und die Verdopplung des atmosphärischen Methans zwischen dem Letzten Glazialen Maximum (LGM) und der vorindustriellen Zeit.

Die zweite Phase von PalMod (Oktober 2019 - September 2022) befasste sich mit gekoppelten Klima- und Kohlenstoffkreislaufexperimenten während drei Epochen des letzten Glazialzyklus: dem Übergang von der letzten Warmzeit in das letzte Glazial (120.000 bis 86.000 vor heute), einer Phase des Glazials mit großer Klimavariabilität (46.000 bis 26.000 Jahren vor heute) und der letzten Termination. Die dritte Phase von PalMod wird voraussichtlich im Sommer 2023 starten.

Erkenntnisse aus den ersten beiden Phasen

Eisschilde, Atmosphäre und Ozean

Erste transiente Simulationen des Endes des letzten Glazials (vor 26.000 Jahren bis in die vorindustrielle Zeit) mit aus Rekonstruktionen vorgeschriebenen Eisschilden dienten dazu, die Leistungsfähigkeit des Modells zu testen und wichtige physikalische Wechselwirkungen zwischen Eisschilden und Klima zu verstehen. Veränderungen der Sonneneinstrahlung und der Treibhausgase führten zu einer erheblichen Zunahme des Schmelzens an den Rändern der Eisschilde, die mit einem massiven Rückzug der nordhemisphärischen Eisschilde zwischen 15.000 und 9.000 Jahren vor heute einhergingen (Kapsch et al., 2021). Episoden verstärkter Eisschmelze während des Endes der letzten Eiszeit führten zu einem verstärkten Abfluss von Süßwasser in den Ozean und zu einer erheblichen Abschwächung der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (engl. Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC). Eine Folge dieser Abschwächung der AMOC sind Perioden verstärkter Abkühlung in der nördlichen Hemisphäre. Durch Sensitivitätsexperimente konnten die Unsicherheiten in den Simulationen untersucht werden, die sich aus der Verwendung unterschiedlicher Randbedingungen ergeben (Kapsch et al., 2022). Die Ergebnisse zeigen, dass auf langen Zeitskalen der Zeitpunkt und die Amplitude der Schmelzwassereinträge, welche entsprechend den Rekonstruktionen vorgeschrieben werden, die Klimavariabilität dominieren, da diese beeinflussen, wann und wie stark sich die AMOC ändert. Zudem führten Unterschiede in der Topographie der verwendeten Eisschildrekonstruktionen zur Zeit des LGM zu Verschiebungen der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation, welche wiederum die Variabilität des Ozeans beeinflussten. Diese Ergebnisse zeigen somit Unsicherheiten in transienten Modellsimulationen auf, die mit der Modellimplementierung zusammenhängen und unterstreichen die Herausforderungen in der Interpretation von Unterschieden zwischen verschiedenen Modellen, die an internationalen Modellvergleichen teilnehmen (z. B. PMIP4 - Paleo Model Intercomparison Project Phase 4).

Diese Simulationen verdeutlichen zudem die Grenzen von Experimenten mit vorgeschriebenen Eisschilden, da die Eisschilde nicht direkt auf Änderungen im Modellklima reagieren. Wenn beispielsweise die Eisschildrekonstruktion eine Periode verstärkten Schmelzens zeigt, so führt dies durch den Süßwassereintrag in den Nordatlantik zu einer Abkühlung. Solch eine Abkühlung würde wiederum die Eisschilde beeinträchtigen. Da diese aber vorgeschrieben sind, bleibt solch ein Rückkopplungseffekt aus. Dies unterstreicht die Relevanz vollständig gekoppelter Simulationen mit interaktiven Eisschilden. Die ersten dieser vollständig gekoppelten Simulationen mit interaktiven Eisschilden wurden am MPI-M durchgeführt. Dazu wurde das MPI-ESM1.2-CR erfolgreich an das Eisschildmodell mPISM (10 bis 15 km Auflösung) und an das dynamische Modell der Wechselwirkung zwischen Eisschild, Erdkruste und oberem Mantel, VILMA, gekoppelt. Ein erstes Ensemble von vollgekoppelten Simulationen zeigt die Hauptmerkmale des Übergangs aus dem letzten Glazial in das Interglazial, einschließlich des massiven Rückzugs des Eisschildes und der Abschwächung der AMOC aufgrund verstärkter Eisschmelze. Diese Übergänge stimmen gut mit Beobachtungsdaten überein. Das Ensemble zeigt auch, dass Heinrich-Ereignisse in den Simulationen auftreten. Heinrich-Ereignisse beschreiben Perioden beschleunigter Eisvorstöße und deren Abfluss ins Meer. Sie sind mit einem erhöhten Schmelzwasser- und Eisbergeintrag in den Ozean in der Nordhemisphäre verbunden und führen zu einer Abschwächung der AMOC. Allerdings sind der Zeitpunkt und die Stärke dieser Ereignisse ebenfalls stark von den Anfangsbedingungen sowie den Modellparametern abhängig. Dieses deutet darauf hin, dass ein direkter Vergleich von simulierten abrupten Klimaereignissen mit Beobachtungsdaten schwierig wird und neue Ansätze für Modell-Daten-Vergleiche entwickelt werden müssen, die den Fokus mehr auf die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse legen als auf die exakte zeitliche Abfolge solcher Ereignisse.

Heinrich-Ereignisse

Mit den neu implementierten Eisschilden im Erdsystemmodell konnten auch Simulationen zu Heinrich-Ereignissen — Klimaschwankungen in der Eiszeit — durchgeführt werden. Es konnte gezeigt werden, dass diese Ereignisse durch die Abfolge von zwei Mechanismen verursacht wurden: durch das Kalben von Eisbergen und durch Höhenverluste des Laurentidischen Eisschildes, welches sich über weite Teile Nordamerikas erstreckte. Das Kalben der Eisberge beeinflusste die Ozeanzirkulation, und die Höhenverluste des Laurentidischen Eisschildes hatten Auswirkungen auf die Atmosphärenzirkulation. Durch die Verwendung der neuartigen Modellkonfiguration konnte das Zusammenspiel der Effekte untersucht und erstmals die Abfolge der beiden Effekte in einer Simulation beobachtet werden (Ziemen et al., 2019).

Um die Sensitivität von Heinrich-Ereignissen auf bestimmte Klimafaktoren besser zu verstehen, wurde ein umfangreiches Ensemble von gekoppelten „Eisschild-feste Erde-Simulationen“ durchgeführt (Schannwell et al., 2022). Diese Simulationen zeigen, dass Anzahl und Stärke von simulierten Heinrich-Ereignissen von den Klimarandbedingungen bestimmt werden. Zum Beispiel können zyklisch wiederkehrende Bedingungen zu einer Synchronisierung von Heinrich-Ereignissen in verschiedenen Regionen des Laurentidischen Eisschildes führen, wie der Region um die Einzugsgebiete des MacKenzie Rivers in Nordkanada und der Hudson Bay in Ostkanada. Eine zeitliche Verschiebung von Randbedingungen ändert den Zeitpunkt des Auftretens der Heinrich-Ereignisse, allerdings ist dieses stark von der Region abhängig. Insgesamt reagiert die Mackenzieregion deutlich sensitiver auf Störungen in den Klimabedingungen als die Hudsonregion. Für das Auftreten von periodischen Heinrich-Ereignissen ist eine günstige Kombination aus Eisdynamik und Klimaantrieb erforderlich. Außerhalb dieses Bereiches können die Eisströme entweder sehr langsam werden oder sich zu einem dauerhaften Strom entwickeln.

Video: Zeitliche Entwicklung der Eisschilde während der letzten Termination in einer gekoppelten Simulation mit interaktiven Eisschilden. Die Simulation beginnt 18.000 Jahre vor heute und zeigt über den Eisschilden die vertikal gemittelte Flussgeschwindigkeit des Eises in Metern pro Jahr, über Land die Vegetationsbedeckung, und im Ozean den Schmelzwassereintrag von Eisbergen in Metern pro Jahr. Die Konturen weisen auf den Effekt von Eisschilden auf die Erdkruste hin (grüne Konturen zeigen eine Absenkung der Erdkruste im Vergleich zu heute, braune Linien eine Anhebung). Im Laufe des Videos werden in diversen Teilen der Eisschilde Eisströme aktiv (ansteigende Geschwindigkeit) und versiegen wieder. In den Phasen erhöhter Eisstromaktivität werden viele Eisberge in den Ozean eingetragen, die später schmelzen und dabei Schmelzwasser in den Ozean eintragen.
Credit: Florian Ziemen, MPI-M CC-BY-SA

Vegetation

Die Erwärmung des Klimas und der Anstieg des Kohlendioxids während des Postglazials führten zu Änderungen in der Vegetationszusammensetzung. Für die Nordhemisphäre hat das MPI-M in Kooperation mit Expert*innen vom Alfred-Wegener-Institut, Außenstelle Potsdam, und der Universität Heidelberg die Entwicklung der extratropischen Wälder mit pollen-basierten Biomrekonstruktionen verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Ausbreitung der Wälder im Mittel über die Nordhemisphäre im MPI-ESM ca. 4000 Jahre früher stattfindet als die Rekonstruktionen nahelegen (Dallmeyer et al., 2022). Die möglichen Ursachen für diesen zeitlichen Unterschied sind vielfältig. Leider reichen die technischen Möglichkeiten derzeit nicht aus, alle Gründe zu überprüfen. Das simulierte Klima stimmt jedoch gut mit Rekonstruktionen überein, die unabhängig von Pollendaten erstellt wurden. Da die Vegetation im Modell innerhalb weniger Jahrzehnte auf Änderungen im Klima reagiert, weisen die Unterschiede zwischen Modell und Rekonstruktionen auf eine mehrere Jahrtausende lange Verzögerung in der Reaktion des Waldes auf klimatische Änderungen hin: Pollenbasierte Rekonstruktionen hinken dem tatsächlichen Klima zeitlich hinterher. Ein solches Ungleichgewicht hätte weitreichende Folgen. Pollen-basierte Klimarekonstruktionen werden häufig verwendet, um Paläo-Simulationen zu evaluieren, auch für einzelne Zeitscheiben-Experimente. Auch sind sie ein substantieller Bestandteil für die Berechnung von globalen und hemisphärischen Klimatrends. Die Ergebnisse zeigen, dass dies zu falschen Schlussfolgerungen führen kann. Daher wird ein kritischer Umgang mit pollen-basierten Rekonstruktionen empfohlen. Die Studie legt weiterhin nahe, dass Wälder deutlich langsamer auf die anhaltende globale Erwärmung reagieren als Erdsystemmodelle dies berechnen. Zurzeit wird überprüft, ob sich für die Südhemisphäre ähnliche Ergebnisse zeigen.

Mariner Kohlenstoffkreislauf

Veränderungen in der Ozeanzirkulation und ihre Auswirkungen auf den marinen Kohlenstoffkreislauf sind für die CO2-Senke im glazialen Klima – und für den postglazialen Anstieg des CO2 – von entscheidender Bedeutung. Um die Mechanismen der Sequestrierung von atmosphärischem CO2 im glazialen Ozean zu quantifizieren, wurde HAMOCC, das MPI- Modell der marinen Biogeochemie, um das stabile Kohlenstoffisotop 13C erweitert, welches für die Untersuchung der marinen Ventilation und Biogeochemie unerlässlich ist (Liu et al., 2021). Diese Modellerweiterung berechnet 13C explizit in allen Kohlenstoffspeichern und umfasst eine temperaturabhängige Fraktionierung während der Photosynthese und des Luft-Wasser-Austauschs. Während die Modellergebnisse für das LGM und den vorindustriellen Zustand im Allgemeinen gut mit den aus Proxydaten abgeleiteten Kohlenstoff-Isotopenverhältnissen übereinstimmen, zeigen sie auch eine hohe Empfindlichkeit der marinen biogeochemischen Tracer gegenüber Veränderungen der Süßwasserströme. Sensitivitätsexperimente mit verschiedenen Zirkulationszuständen, eingestellt durch Änderungen in der vertikalen Diffusivität, sowie mit unterschiedlichen Repräsentationen des Absinkens mariner biogener Partikel zeigen, dass eine flache und schwache AMOC nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung im Vergleich zu Proxydaten führt, und dass die Auswirkungen der unterschiedlichen Darstellung des Absinkens stark vom Zirkulationszustand abhängen. Die 13C-Daten liefern also keine Bestätigung für die häufig angenommene schwache und flache AMOC.

Interaktion von terrestrischer und mariner Biogeochemie

Am MPI-M bringt PalMod die Integration von Klima- und Biogeochemiekomponenten im Rahmen eines komplexen ESM voran. Die Gruppen für terrestrische und marine Biogeochemie arbeiten eng zusammen, um die Herausforderung der interaktiven Kopplung zwischen Landoberflächenhydrologie, Ozeanzirkulation und Kohlenstoffsenken zu meistern, die durch den postglazialen Meeresspiegelanstieg getrieben werden. So wurde ein neuartiges System für den Transfer von terrestrischem Kohlenstoff, inklusive seiner stabilen Isotope, und Nährstoffen in den Ozean durch die Überflutung von Küstengebieten im Laufe des Postglazials entwickelt und getestet (Extier et al., 2022). Eine solche Kopplung zwischen dem Landmodell JSBACH und HAMOCC ermöglicht erstmalig eine konsistente Betrachtung des globalen Kohlenstoffkreislaufs unter Berücksichtigung des Stofftransfers zwischen Land und Ozean in MPI-ESM-Simulationen auf glazialen Zeitskalen. Diese neuen Ergebnisse legen nahe, dass die ozeanische CO2-Ausgasung durch terrestrische organische Kohlenstoffflüsse während postglazialer Überflutungen ausgelöst wird, allerdings nur auf regionaler Ebene. Die regionale CO2-Ausgasung (hauptsächlich in der indonesischen Region) wird durch den Holzeintrag während der Überflutung aufrechterhalten. Dies wird durch Beobachtungen gestützt, die darauf hindeuten, dass der tropische Regenwald in dieser Region vor dem Schmelzwasserpuls die Speicherung von kohlenstoffreichen Materialien an Land begünstigte. Diese Materialien wurden während der postglazialen Überflutung für den Ozean verfügbar. Der neuartige Ansatz ist außerdem ein wichtiger Schritt in Richtung eines vollständig gekoppelten ESMs für den Kohlenstoffkreislauf, das für Simulationen des letzten glazialen Zyklus in PalMod angestrebt wird. Zusätzlich werden im MPI-ESM inzwischen klimaabhängige Verwitterungsflüsse berücksichtigt, die Einträge von Kohlenstoff, Nährstoffen und Alkalinität zur Folge haben, die über die Flüsse ins Meer gelangen. Hier wird die Reaktion des marinen Kohlenstoffkreislaufs auf Veränderungen dieser Stoffflüsse untersucht. Die Wissenschaftler*innen entwickeln daher eine Implementierung des empirischen Verwitterungsmodells, das an der Universität Hamburg formuliert wurde, welches online in transienten Modellexperimenten genutzt werden kann. Erste Ergebnisse deuten an, dass Veränderungen der Verwitterung im Postglazial vor allem durch Veränderungen im Oberflächenabfluss getrieben werden. Die Auswirkungen dieser Veränderungen werden jedoch durch die Erosion von Lössablagerungen und die Abnahme der Fläche der kontinentalen Schelfe ausgeglichen.

Methankreislauf

In Zusammenarbeit mit dem MPI-C in Mainz haben MPI-M-Forschende das MPI-ESM um einen vollständigen Methankreislauf ergänzt, der eine neue Komponente für terrestrische Methanemissionen, kombiniert mit einem schnellen Modell für den atmosphärischen Methanabbau, enthält. Diese Kombination ermöglicht einzigartige interaktive Simulationen von atmosphärischem Methan im Rahmen des gekoppelten ESMs. Als Weltpremiere konnte damit so die vollständige Evolution des atmosphärischen Methans in transienten Modellexperimenten vom glazialen Maximum bis in die Gegenwart untersucht werden (Kleinen, Mikolajewicz und Brovkin, 2020; Kleinen et al., in Vorbereitung). Zusätzlich haben die Wissenschaftler*innen eines der MPI-ESM-Experimente weiter in die Zukunft fortgesetzt und konnten zeigen, dass die atmosphärischen Methankonzentrationen in den aktuellen Zukunftsszenarien deutlich unterschätzt werden (Kleinen et al., 2021). Insbesondere haben sie festgestellt, dass die natürlichen Methanemissionen in den Szenarien mit großer Erwärmung besonders stark ansteigen, bis zu viermal stärker als bisher angenommen. Dies gilt vor allem für die Jahrhunderte nach 2100 AD, wenn die vollständige Erwärmung eintreten wird. In den Experimenten verbleiben die globalen Temperaturen und Methankonzentrationen für lange Zeit (die Experimente reichten bis 3000 AD) auf hohem Niveau und nehmen nur langsam ab, wie es auch im Eis und den darin eingeschlossenen Luftbläschen aus vergangenen Interglazialen zu sehen ist.

Über PalMod

Neben Forschenden des MPI-M sind bis zu 17 deutsche Gruppen von Forschenden und eine kanadische Gruppe in dem vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMBF) geförderten Projekt vertreten. PalMod ist über 10 Jahre angelegt und soll seine Forschungsziele in drei Projektphasen erreichen. Die erste Phase startete im August 2015 und endete im Juli 2019. Die zweite Phase ab Oktober 2019 endet im September 2022. Martin Claußen, emeritierter Direktor am MPI-M und ehemaliger Leiter der Abteilung „Land im Erdsystem“, war neben Mojib Latif (GEOMAR, Kiel) und Michael Schulz (MARUM, Bremen) einer der drei wissenschaftlichen Leiter des PalMod-Projekts. Seit Martin Claußens Emeritierung hat Tatiana Ilyina seinen Part der Leitung übernommen. Victor Brovkin, Uwe Mikolajewicz, Thomas Kleinen (alle MPI-M) und weitere Wissenschaftler*innen aus anderen Institutionen bilden die PalMod-Steuergruppe. Als weitere MPI-M Wissenschaftler*innen sind und waren in PalMod beteiligt: Anne Dallmeyer, Thomas Extier, Mathias Heinze, Chetankumar Jalihal, Marie-Luise Kapsch, Fanny Lhardy, Bo Liu, Virna Meccia, Thomas Riddick, Clemens Schannwell, Katharina Six und Florian Ziemen.

Mehr Informationen

Projektwebseite PalMod

Veröffentlichungen

Phase I

Meccia, V.L., Mikolajewicz, U. (2018) Interactive ocean bathymetry and coastlines for simulating the last deglaciation with the Max Planck Institute Earth System Model (MPI-ESM-v1.2). EGU, Geosci. Model Dev., 11, 4677–4692. DOI: https://doi.org/10.5194/gmd-11-4677-2018

Riddick, T., Brovkin, V., Hagemann, S., Mikolajewicz, U. (2018) Dynamic hydrological discharge modelling for coupled climate model simulations of the last glacial cycle: the MPI-DynamicHD model version 3.0. EGU, Geosci. Model Dev., 11, 4291–4316. DOI: https://doi.org/10.5194/gmd-11-4291-2018

Ziemen, F., Kapsch, M.-L., Klockmann, M., Mikolajewicz, U. (2019) Heinrich events show two-stage climate response in transient glacial simulations. Climate of the Past, 15, 153-168. https://doi.org/10.5194/cp-15-153-2019.
 

Phase II

Brovkin, V., Brook, E., Williams J.W., Bathiany, S., Lenton, T.M., Barton, M., DeConto, R.M., Donges, J.F., et al. (2021) Past abrupt changes, tipping points and cascading impacts in the Earth system. Nature Geoscience, https://doi.org/10.1038/s41561-021-00790-5

Dallmeyer, A., Kleinen, T., Claussen, M., Weitzel, N., Cao, X., Herzschuh, U. (2022) The deglacial forest conundrum. Nat Commun 13, 6035. https://doi.org/10.1038/s41467-022-33646-6

Extier, T., Six, K., Liu, B., Paulsen, H., Ilyina, T. (2022) Local oceanic CO2 outgassing triggered by terrestrial carbon fluxes during deglacial flooding. Climate of the Past, 18, 273-292. https://doi.org/10.5194/cp-18-273-2022

Kapsch, M.-L., Mikolajewicz, U., Ziemen, F. A., Rodehacke, C. B., Schannwell, C. (2021) Analysis of the surface mass balance for deglacial climate simulations. The Cryosphere, 15, 1131–1156, doi.org10.5194/tc-15-1131-2021.

Kapsch, M.-L., Mikolajewicz, U., Ziemen, F., Schannwell, C. (2022) Ocean response in transient simulations of the last deglaciation dominated by underlying ice-sheet reconstruction and method of meltwater distribution. Geophysical Research Letters, 49. https://doi.org/10.1029/2021GL096767

Kleinen, T., Gromov, S., Steil, B., Brovkin, V. (2021) Atmospheric methane underestimated in future climate projections. Environmental Research Letters, 16: 094006. https://doi.org/10.1088/1748-9326/ac1814

Kleinen, T., Mikolajewicz, U., Brovkin, V. (2020) Terrestrial methane emissions from the Last Glacial Maximum to the preindustrial period, Climate of the Past, 16, 575–595, https://doi.org/10.5194/cp-16-575-2020

Liu, B., Six, K. D., Ilyina, T. (2021) Incorporating the stable carbon isotope 13C in the ocean biogeochemical component of the Max Planck Institute Earth System Model. Biogeosciences, 18, 4389-4429, https://doi.org/10.5194/bg-18-4389-2021

Schannwell, C., Mikolajewicz, U., Ziemen, F., Kapsch, M.-L. (2022) Sensitivity of Heinrich-type ice-sheet surge characteristics to boundary forcing perturbations, EGUsphere [preprint], https://doi.org/10.5194/egusphere-2022-332.

Kontakte

Prof. Dr. Victor Brovkin
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: victor.brovkin@we dont want spammpimet.mpg.de

Prof. Dr. Martin Claußen
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: martin.claussen@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Tatiana Ilyina
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: tatiana.ilyina@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Marie-Luise Kapsch
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: marie-luise.kapsch@we dont want spammpimet.mpg.de

Dr. Thomas Kleinen
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: thomas.kleinen@we dont want spammpimet.mpg.de

Uwe Mikolajewicz
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: uwe.mikolajewicz@we dont want spammpimet.mpg.de