Beobachtungen zeigen: Annahme einer starken Passatwolkenreduktion bei globaler Erwärmung widerlegt

Die Reaktion der Kumuluswolken in der Passatregion auf die Erwärmung ist eine große Unsicherheit in Klimaprojektionen. Im letzten Jahrzehnt wurde eine Hypothese entwickelt, wonach das Zusammenspiel aus Konvektion und Wolkenbedeckung zu einer verstärkten Erwärmung führt.

Ansicht der Wolkenuntergrenze von Kumuluswolken in der Passatregion während der Messkampagne “EUREC4A”. Credit: MPI-M, F. Batier

Dieser Mechanismus erklärte das Verhalten von Klimamodellen mit besonders hoher Klimasensitivität, also einer sehr starken Erhöhung der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur in Folge einer Verdopplung der atmosphärischen CO2-Konzentration. In einer Studie, die diese Woche in Nature veröffentlicht wurde, widerlegen Raphaela Vogel und ihre Kolleg*innen Anna Lea Albright, Jessica Vial, Geet George, Bjorn Stevens und Sandrine Bony diese Hypothese einer „Austrocknung durch Vermischung“ anhand von Daten, die während der jüngsten EUREC4A-Feldkampagne gesammelt wurden.

EUREC4A steht für “Elucidating the role of clouds-circulation coupling in climate“ und wurde speziell entwickelt, um diesen hypothetischen Wolken-Rückkopplungsmechanismus zu testen. Während der einmonatigen Feldkampagne zu Beginn des Jahres 2020 wurden mehr als 800 Dropsonden vom deutschen Forschungsflugzeug HALO abgeworfen und von den Autor*innen zur Abschätzung des konvektiven Masseflusses an der Wolkenbasis verwendet. Gleichzeitig wurde mit einem Lidar und einem Radar, das seitlich aus dem französischen Forschungsflugzeug ATR ausgerichtet war, der Anteil der Wolken an der Wolkenbasis gemessen. Dadurch konnte die Atmosphäre gleichzeitig aus mehreren Winkeln analysiert werden.

Mit diesen neuen Beobachtungen zeigen die Autor*innen, dass der Mechanismus der Vermischung und Austrocknung in der Realität nicht stattfindet. Mesoskalige Bewegungen in der Atmosphäre (20-500 km) und die Entrainment-Rate, die das Einmischen von trockenerer Umgebungsluft aus höheren Schichten bezeichnet, tragen gleichermaßen zur Variabilität der Durchmischung bei. Da sie aber entgegengesetzte Auswirkungen auf die Luftfeuchtigkeit haben, führt eine stärkere Durchmischung in Verbindung mit einem erhöhten Massefluss nicht zur Austrocknung der Wolken an ihrer Basis. Die Beobachtungen liegen auf der ~220 km-Skala eines typischen Klimamodell-Gitters. Hierdurch kann man mit ihrer Hilfe die Fähigkeit von Klimamodellen testen, das Zusammenspiel jener Prozesse darzustellen, die Kumuluswolken in der Passatregion regulieren. Der Vergleich zeigt, dass sich innerhalb eines Modells die Größe, die Variabilität und die Kopplung von Durchmischung und Bewölkung über Zeitskalen hinweg zusammenpassend verhalten: von der täglichen Variabilität der Wetterbedingungen (hier: synoptische Variabilität von Luftmassen) bis hin zu Skalen des Klimawandels. Allerdings gibt es drastische Unterschiede zwischen den Klimamodellen und – im Fall der synoptischen Reaktion – zu den EUREC4A-Beobachtungen. Modelle mit großen Kumuluswolken-Rückkopplungen in der Passatregion neigen dazu, einen Mechanismus der Vermischung und Austrocknung darzustellen, der in den Beobachtungen nicht erkennbar ist. Außerdem überschätzen sie die Variabilität der Bewölkung. Die Beobachtungsdaten machen solche Modelle also unplausibel, da sie eine starke Rückkopplung der Kumuluswolken in der Passatregion physikalisch widerlegen.

Indem die Studie zeigt, dass mesoskalige Bewegungen den Mechanismus der Vermischung und Austrocknung hemmen, widerlegt sie eine wichtige physikalische Hypothese für eine große Kumuluswolken-Rückkopplung in der Passatregion und damit auch eine entscheidende Beweislinie für eine große Klimasensitivität. Dies ist eine gute Nachricht, denn es zeigt, dass extreme Anstiege der Oberflächentemperatur der Erde aufgrund der Erwärmung weniger wahrscheinlich sind.

Bjorn Stevens, Direktor der Abteilung „Atmosphäre im Erdsystem“ am Max-Planck-Institut für Meteorologie und Ko-Autor der Studie, sagt: „Es ist ziemlich selten, dass die Rückkopplung von flachen Wolken, welche lange Zeit ein großes Rätsel für die Klimawissenschaft war, auf eine konkrete Hypothese heruntergebrochen werden konnte, die mit Beobachtungen direkt testbar ist. Die Wissenschaft auf dieses Niveau zu bringen, ist eine Leistung, auf die wir sehr stolz sind.“
 

Originalveröffentlichung:

Vogel, R., Albright, A., Vial, J., George, G., Stevens, B., Bony, S. (2022). Strong cloud-circulation coupling explains weak trade cumulus feedback. Nature, doi.org/10.1038/s41586-022-05364-y.

Kontakt:

Dr. Raphaela Vogel
Jetzt Universität Hamburg, Meteorologisches Institut
E-Mail: raphaela.vogel@we dont want spamuni-hamburg.de

Prof. Dr. Bjorn Stevens
Max-Planck-Institut für Meteorologie
E-Mail: bjorn.stevens@we dont want spammpimet.mpg.de