Neue Studie: Was würde mit dem Klimasystem passieren, wenn sich die Erde andersherum drehen würde?

Um besser zu verstehen, welche Auswirkungen Topografie und Erdrotation auf das Klima haben, hat ein Team von Wissenschaftler*innen Simulationen mit dem Erdsystemmodell des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-ESM) durchgeführt und analysiert, bei denen die Rotation der Erde umgekehrt wurde. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Earth System Dynamics veröffentlicht.

Die Rotation der Erde prägt unser Klimasystem auf unterschiedliche Art und Weise: Sie steuert die Hauptwindrichtungen, beeinflusst die Wettersysteme und erzeugt zusammen mit der Topografie starke Meeresströmungen. Viele weitere Merkmale des Klimasystems, wie die Monsunsysteme und die Meridionale Umwälzbewegung im Ozean, entstehen durch komplexe Wechselwirkungen innerhalb des Klimasystems, deren Abhängigkeit von der Topografie schwer zu bestimmen ist. Die Umkehrung der Erdrotation entspricht der Erstellung eines Spiegelbildes der Topografie. Während dabei alle wichtigen Eigenschaften, wie die Größe von Kontinenten und Ozeanbecken, erhalten bleiben, werden gleichzeitig sehr unterschiedliche Bedingungen für die Wechselwirkungen zwischen Topografie, Wettersystemen und Meeresströmungen geschaffen.

Da die Wechselwirkungen alle Bereiche des Klimasystems betreffen, bündelt ein Team von 20 Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M), des Deutschen Klimarechenzentrums und der Universitäten Hamburg und Reading seine Expertise aus allen Bereichen des Klimasystems, um die Simulationen zu analysieren. Die von ihnen beobachteten Veränderungen im Klimasystem haben sie teilweise aufgrund von klassischen Theorien erwartet, teilweise waren sie jedoch überraschend.

Windmuster ändern sich, die Richtung der Ozeanwirbel kehrt sich um und sie verlagern sich, es findet eine starke Reorganisation der intertropischen Konvergenzzone (ITCZ) statt, die Meridionale Umwälzzirkulation (MOC) verlagert sich vom Atlantik in den Pazifik.

Durch die Verlagerung der MOC kommt es zu einer Abkühlung des Nordatlantiks, verbunden mit einer südlichen Ausdehnung des Meereises, und in Folge der Umkehrung der vorherrschenden Windrichtungen zu einer signifikanten Abkühlung über Europa. Im nördlichen Indischen Ozean bildet sich eine ausgeprägte Sauerstoffminimumzone, die zu einer massiven und dauerhaften Präsenz von Blaualgen führt. Südbrasilien und Argentinien werden zu den größten Wüsten der Erde, die Südstaaten der USA durchlaufen einen dramatischen Klimawandel, von einem feuchten Klima zu einem Klima vollkommener Trockenheit. Im Gegensatz dazu wird das Klima in Nordafrika und in Südwestasien kühler und feuchter, die Sahara und die arabische Wüste ergrünen.

Originalveröffentlichung:

Mikolajewicz, U. et al. The climate of a retrograde rotating earth, Earth Syst. Dynam., 9, 1191-1215, 2018, doi.org/10.5194/esd-9-1191-2018.

Kontakt:

Uwe Mikolajewicz
uwe.mikolajewicz@we dont want spammpimet.mpg.de

Marie-Luise Kapsch
marie-luise.kapsch@we dont want spammpimet.mpg.de